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Vorwort: Nach über einem Jahr Abwesenheit und Funkstille kommt endlich die Fortsetzung zur Lore des 77sten Infanteriebataillon. Ich hoffe ihr habt, trotz einiger Form- und Rechtschreibfehler, Spaß beim Lesen (korrigierte Version kommt hoffentlich bald! :)
 

 

Teil I: Grabenratten

 

 


Kapitel 2: Feuertaufe

 

Zuerst konnte er nur ein Pfeifen wahrnehmen. Nicht etwa ein Pfeifen wie von einem Teekessel oder einer Trillerpfeife. Es war in etwa wie ein sehr hoher Sinuston: durchgehend, eintönig und auf hoher Frequenz. Seine Sicht war verschwommen und er musste blinzeln um die Schärfe wieder herzustellen. Doch vergebens. Es war dunkel um ihn herum und er bekam Panik beim Gedanken eventuell erblindet zu sein. Sein Puls ging dennoch langsam, alles schien in Zeitlupe zu geschehen. Sein Gehör schien beschädigt zu sein, denn alles drang nur gedämpft in seine Ohren, als wäre er unter Wasser. Er schnappte nach Luft und sog diese gierig ein. Sie brannte in seinem Hals und seinen Nasenhöhlen. Scheinbar war er doch nicht unter Wasser. Aber wo dann? Alle seine Sinne schienen durcheinander geraten zu sein. Er versuchte sich zu rühren, aber seine Gelenke und Glieder, seine Muskeln und Sehnen schienen nicht zu reagieren. Der Befehl war klar aus seinem Hirn in sein Nervensystem gedrungen, schien aber unterwegs verloren gegangen zu sein, als ob seine Gedanken selbst nicht mehr wüssten wohin. Was war geschehen? Verwirrung und Unbehagen machte sich in seinen Gedanken breit. Benommen tastete er die Umgebung ab. Er lag auf harten Boden, auf dem Rücken wie ein Käfer und konnte sich nicht bewegen.

 

"Verdammt!" Entfuhr es ihm.

 

Er musste schwer keuchen und husten. Die stickige warme Luft drang brennend in seine Lungen durch seinen Mund und seine Nase und hinterließ einen eisenhaltigen Geschmack auf der Zunge. Er taste sich selbst ab. Langsam fing sein Körper wieder an ihm zu gehorchen und er spührte seine Zehen und Fingerspitzen. Scheinbar war noch alles dran. Er blinzelte erneut um etwas zu erkennen und erkannte irgendetwas wie leuchtende Streifen die sich in langen Parabeln am pech schwarzen Himmel abzeichneten. Offenbar war er auch nicht blind. Er winkelte die Knie an und versuchte sich zur Seite zu wenden um sich irgendwie aufzurappeln, doch ihm war noch zu schwindelig so dass er beim Versuch sich aufzurichten umkippte wie ein Besoffener und liegen blieb. Er ächzte auf und wand sich wieder auf dem Rücken wie zuvor und versuchte seine unregelmässige Atmung zu regulieren. Er schaute zu den Leuchtstreifen am Himmel und verfolgte deren Bahn. Sie erschienen im vorderen Rand seines Blickfeldes und verschwandet, gefolgt von mehreren Erschütterungen die die Erde beben liessen. Irgendwas rieselte aus seinen Ohren. Er entfernte die ledernen Handschuhe und tastete mit der Fingerspitze die Innenseite seines Ohres ab und hielt sich diese anschliessend vor die Augen. Er konnte immer noch nicht viel erkennen denn die Schärfe hatte sich nicht eingestellt aber er konnte erkennen dass seine Fingerkupe feucht war. War das Blut? Anscheinend ist sein Trommelfell geplatzt. Er verzieht sein Gesicht zu einer Grimasse und schaute, keuchend und hustend am Boden liegend, dem Feuerwerk über ihm zu.
Ihm war schlecht von dem Schwindelgefühl. Alles drehte sich in seinem Kopf und er hatte ernsthafte Schwierigkeiten damit einen klaren Gedanken zu fassen. Er versuchte sich zu erinnern. Wer war er? Wie hieß er, wo war er und warum? Er wendete den Blick nach rechts und betrachtete den Boden. Der Boden war teils mit Bretten und Holzplatten ausgekleidet. Er erkannte Seitenwände die ebenfalls mit Bretten und Holz verkleidet und verstärkt waren. Es war aber kein Dach über ihm und er war im Freien. Er suchte weiter die Umgebung ab und erkannte an einer seiner eine Kiste mit einer Beschriftung. Große weiße Buchstaben erklärten ihm dass es sich um eine Munitionskiste handelte. Ein Siegelprankte auf der Seite, eine Art Lorbeerenkranz. Er runzelte die Stirn und kniff die Augen zusammen. Auf der Kiste lag eine Waffe. Ein langes Gewehr aus Carbon, mit aufgesetztem Zielfernrohr, ganz in schwarz. Er konnte das erkennen da die Leuchtstreifen am Himmel die Umgebung kurzfristig erhellten ehe alles wieder in Dunkelheit getaucht wurde. Er drehte den Kopf in die andere Richtung. Er erkannte einen ebenfalls unbedachten, mit Holzplatten und Brettern verkleideten Korridor der sich in der Finsternis verirrte. An dessen Anfang erkannte er ebenfalls zwei Stiefelsohlen. Ein lebloser Körper lag dahinter, spannungslos und erschlafft. Die Übelkeit überkam ihn und er musste würgen. Und wand sich wieder gen Himmel und dachte konzentriert nach. Langsam fügten sich die Eindrücke wie von selbst zusammen und ergaben ein Muster. Er lag auf dem Boden eines Schützengrabens und die Leuchtstreifen über ihm waren kein frohes Feuerwerk, sondern Artilleriegranaten die von der anderen Seite aus geschossen kamen. Die andere Seite.. Der Feind. Der Krieg! 'Verdammt, die beschiessen uns!' sagte er zu sich selbst, die Panik und Hilflosigkeit schlugen ein und er begann sich nervös zu winden. Er musste hier sofort weg! Die Einschläge kamen immer näher und auch die Erschütterungen wurden heftiger.


Plötzlich erschien ein Gesicht in seinem Blickfeld. Direkt vor ihm. Es war auf einmal da, wie aus dem Nichts. Es war das Gesicht einer jungen Frau, etwas blass und von Sommersprossen gespickt. Ihre Augen, unter denen schwere, dunkle Tränensecke hingen blickten ihn flehend an. Einzelnde Haarstränen hingen ihr wild im Gesicht und ihr Mund formt Worte, aber sie drangen nicht zu ihm durch. Verwunderung machte sich in seinem Gesicht breit und er blinzelte sie verdutzt an.

 

"Was zum-.. Wer..?" stammelte er benommen.

 

Seine Stimme klang rau und heißer. Er brauchte dringend Wasser. Wasser war auf einmal das Wichtigste.

 

"Major!" schrie die junge Dame ihn fast schon bettelnd an. "Wir.." Ihr Satz wurde von einer starken Erschütterung unterbrochen.

 

Sie sah sich nervös um bevor sie wieder ansetzen und weiter eindringlich auf ihn einredete.

 

"Major! Kommen Sie zu sich! Wir müssen sofort hier weg! Unsere Stellungen werden auf allen Fronten gleichzeitig angegriffen. Uns bleibt nicht viel Zeit wir...!" Ein erneuter Anschlag ließ die Erde erneut deutlich stärker zittern.

 

Das schien ziemlich nahe gewesen zu sein. Doch er schaute sie weiter völlig verwundert an ehe sich die Synapsen in seinem Gehirn in Gang setzen. Alles kehrte auf einmal zurück, seine Sinne und seine Wahrnehmung. Er wußte wieder wo er war und was er hier tat. Er war Major James Rustleton. Soldat im dritten Infanterie Korp der republikanischen Garde und steckte in verdammt großen Schwierigkeiten. Die Erschütterung intensivierten. Er blickte die junge Frau erneut an. Er erholte sich recht schnell von dem Granatschock. Er. Der Soldat. Elwood. Der Schuss. Die Schüsse... Das Blut. 'Fuck' dachte er und zog eine schiefe Grimasse.

 

"Elwood... Er... Wir können nicht ohne ihn..." sagte er, nach Luft ringend. Immer noch hustend und keuchend.


"Verdammt, Major! Wir haben keine Zeit für sowas. Wir müssen hier verflucht nochmal verschwinden und zur Basis zurück!" Sagte sie mit drängendem Ton, während sie sich immer unruhiger und nervöser umblickte.

In ihrer Stimme schwang Angst und Entsetzen mit. Sie hatte den Major mittlerweile an seinen Lederriemen hochgehieft und in eine bequeme Position gebracht.

 

"Hier geht gerade die Hölle ab. Sowas.." sie wurde wieder von heftigen Einschlägen unterbrochen.

 

Diesmal waren sie bedrohlich nahe. Erde und Gesteinsbrocken wurden aufgewirbelt und regneten über ihren Köpfen nieder. Die junge Frau hielt sich schützend ihre Hände über den Kopf und kniff die Augen fest zusammen. Wer war sie nur, was machte sie hier? Sie schien noch ein halbes Kind zu sein, kaum alt genug um in einer Bar ein Bier bestellen zu können und trotzdem war sie hier mit ihm. Und sie trug eine Uniform. Er musterte die dunkelblaue Kampfweste die unter dem Kevlar hervorragte. Auf der oberen rechten Seite der Schutzweste war ein Namensschild befestigt. Leutnant S. Jarih. Der Name. Er kannte ihn. Er dachte angestrengt nach ehe es ihm wieder einfiel. Er befehligte das 77ste Infanterie Bataillon und Shura Jarih war Leutnant unter seinem Befehl.

 

"Shura!" Er fixiert sie mit festen Blick, schaute ihr tief in die Augen.

 

"W-was?" Erwiderte sie und zuckte dabei leicht zusammen. Sie schien völlig aus dem Konzept gebracht worden zu sein.

 

"Wir müssen hier sofort weg!"

 

Perplex starrte sie ihn an und schüttelte den Kopf ehe sie sich neben ihn hockte und seinen rechten Arm packte und um ihre schmale Schulter legte. Das Mädchen schien keine 60kg auf die Wage zu bringen dennoch schaffte sie es, mit einigen Mühen den benommen Major, der ja nun auch nicht mehr der jüngste war, hoch zu stämmen so dass er sich aufrichten konnte. Gestützt von seinem Leutnant wollte er in den Gang humpeln den er schon vorher ausgemacht hatte, wurde aber gestoppt.

"Den können wir nicht mehr nehmen." warf sie kopfschüttelnd ein und wand sich in die entgegengesetze Richtung in der sich ebenfalls ein Korridor befand. Der Frontabschnitt RR1 und RR2 sind überrannt worden und der Kontakt zum Hauptquartier ist auf sämtlichen Posten zusammengebrochen. Er gillt ein allgemeiner Rückzugbefehl. Alle Soldaten in den vordersten Frontabschnitten sollen sich in die hinteren Linien zurückziehen und mit den Reservetruppen den Gegenangriff vorbereiten." erklärte sie ihm, ohne ihn dabei anzusehen.

Shura's Blick ging entweder starr gerade aus oder nervös über ihre Schulter nach hinten. Man könnte meinen sie wäre verfolgt und irgendwie war dieses Gefühl ja auch recht. Die Granaten kamen immer näher an sie ran, versuchten sie aus der Luft auszumachen nur um sie knapp zu verfehlen. Und mit jedem Mal schien sich ihre Zielsicherheit zu verbessern. Sie waren nur knapp dreißig Meter gegangen als eine weitere Granate genau an der Stelle einschlug an der sich sich eben befanden. Shurah und der Major schauten sich darauf hin kurz an ehe sie weiter hetzten ehe sie das Ende des Grabens erreichten. An dessen Kopfseite war eine wackelige Metalleiter montiert. Oben auf der Leiter stand ein nervöser Infanterist der sich, wie Shura eben, nervös umschaute, als könnte er es nicht erwarten hier endlich wegzukommen. Er richtete den Lauf des Gewehrs mal hier hin, mal dort hin und als der Leutnant und der Major hickend und schnaufend in seinem unteren Blickfeld erschienen richtete er instinktiv und aufgekratzt wie er war das Gewehr in ihre Richtung.

 

"He, He! Sullivan, Ich bin's, Ich bin's... Leutnant Jarih!" Sie hob beschwiftigend den freien Arm hoch und winkte ihm zu. "Nicht schiessen Ich.. Ich hab' den Major gefunden!"

 

"Major, sind Sie das?" Der Blick des Infanteristen Namens Sullivan wirkte skeptisch und unruhig.

 

Er kniff die Augen zusammen und musterte den Mann vor sich. Dieser hatte eine normale Größe und trug die Uniform eines höheren Offiziers. Die goldenen Schulterklappen und die aufgenähten Rangabzeichen an seiner Schulter wiesen ihn in der Tat als Major der Infanterie aus. Das war auch alles was an ihm den Anschein eines Offiziers machte. Seine Haare waren zerwühlt und sauber an der Schläfen rasiert wie es eigentlich nur die Mannschaften machten. Seine bernsteinfarbenen Augen funkelten wild aus ihren Höhlen. Ein ungepflegter Bart zierte sein -Gesicht- markantes Gesicht. Zur Krönung zog sich eine breite, rosa Narbe von seinem Jochbein bis zum Nasenrücken quer durch seine linke Gesichtshälfte. Rote Äderchen in den Augenrändern zeugten von wenig Schlaf und starken Alkoholkonsum. All das gab ihm durchaus eine verwegene Allüre und ließ ihn so garnicht wie einen Offizier wirken. Im Grunde wirkt er nicht mal wie ein Soldat. Eher wie Söldner oder wie ein Vagabund...

 

"Scheiße, Major.." kam es krächzend aus Sullivans Hals. "Ich hab'se fast über'n Hauf'n geballert, man!" Er lachte heißer in sich rein und schulterte das Gewehr. "Jetzt aber nichts wie weg hier! Diese Bastarde machen uns verdammt nochmal die Hölle heiß. Scheiße..."

Er spuckte aus und wischt sich mit den Handrücken den Mund ab. "Ich wußte garnicht dass die Penner sowas können..."


Der andere Soldat, der bisher regungslos mit verschränkten Armen, an die Wand gelehnt, unter halb der Treppe stand, gab ein bestätigendes Grunzen vor sich. Sein Gesicht konnte man nicht erkennen da er eine schwarze Gasmaske trug. Gekleidet war er mit einem verschmutzten, weißen Unterhemd unter dem sich ein trainierter Körper spannte. Seine Arme waren lang und muskulös und seine dunkle Haut mit etlichen Tätovierungen und Narben verziert. Er trug eine dunkelblaue Kampfhose der Infanterie und seine Kampfjacke hatte er sich mit den Ärmeln um die Hüften gebunden. Er wirkte bedrohlich und durch seine hühnenhafte Statur überragte er die meisten anderen Soldaten.

 

"Wir sollten verschwinden, Wie Sully gesagt hat" Gab der Riese ruhig von sich. "Hier wird es langsam eng und heiß."

 

Jimmy antwortete mit einem knappen Nicken und die kleine Gruppe setzte sich in Bewegung. Der Himmel über ihnen war mittlerweile von Suchlichtern und umherschwirrenden Leuchtspurgeschossen hell erleuchtet so dass es ihnen leicht gelang ihren Weg in der vernarbten Landschaft zu finden. Sie hechteten über Stacheldrähte und Trümmerteile, umgingen tiefe Granattrichter in denen sich Treibstoff und giftiges Gas sammelte. Tote und Verletzte lagen gleichermassen verteilt auf dem Schlachtfeld und feindliche Granaten schlugen weiterhin um sie herum ein. Heftige Explosionen rissen tiefe Krater in den felsigen Boden und schleuderten sowohl Erde, Gesteins- und Granatesplitter also auch Körper wirbelnd durch die Gegend. Die Luft war erfüllt von dem Geruch von verbranntem Fleisch, Schießpulver und geschmolzenem Metal gemischt mit brennenden Treibstoff und Giftgas. Eine chaotische Kakophonie aus Detonationen, Schreien und heulenden Mörsergranate erfüllte die Umgebung während der Boden dermaßen zitterte dass manche glaubten die Erde würde sich jeden Moment unter ihren Füßen auftun und sie alle verschlucken. Als sie vollkommen mit Dreck bedeckt und außer Atem den hinteren Teil der Frontlinie erreichten bot sich ein Bild der Verzweiflung: Überall war Material verteilt, Soldaten irrten verloren umher, jede bis jetzt aufrecht erhaltene Ordnung schien zusammenzubrechen. Verwundete schleppten sich humpelten und stolpernd mit letzten Kräften von überall heran, tote lagen wahllos am Boden verteilt. Einige Offiziere versuchten vergebens Befehle zu erteilen jedoch schien sich in der allgemeinen Panik keiner dafür zu interessieren: Jeder war damit beschäftigt seine eigene Haut zu retten und den Arsch aus dem Schussfeld zu schaffen.

 

"Verfluchte Scheiße" brachte der Major hustend hervor. "Wir müssen schleunigst zum Landeplatz ehe dieser Abschnitt auch verloren geht!"

 

Sein Blick schweifte über den rotglühenden Horizont von dem die Großoffensive gleich einer Feuerwalze heran rollte. Was war hier bloß los? Klar, in der Zeit in der das 77ste Bataillon hier stationiert war gab es einige harte Gefechte aber dies war mit keiner vorhergehenden Schlacht zu vergleichen. Die Gewalt, die sich plötzlich über und um ihn herum entfesselte versetzte auch hartgesottene Frontschweine wie den Major in eine besorgte Unruhe. Keiner hatte mit einer Offensive dieser Härte gerechnet und die Kampferprobten Soldaten des Dritten Armeekorps liefen wie aufgescheuchte Hühner herum, verzweifelt auf der Suche nach Deckung und einem Ausweg aus dieser Hölle. Jimmy betrachtete eine Weile die Szenerie und ihm wurde klar: Diese Schlacht war definitiv verloren, die Front brach an sämtlichen Abschnitten zusammen, die Armee befand sich auf einem ungeordneten Rückzug ohne Chance darauf sich in den hinteren Teilen neu zu formieren. Dies schien der Anfang vom Ende zu sein. Oder das Ende vom Anfang...

 

(Fortsetzung folgt)

Edited by JimmyRustleton
Korrigiert von Minzka <3
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