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Die Legende der Ciaferous


Sonnenstreif

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(Ciaferou, sprich: Tziafeeru

Dies ist die Fortsetzung von "Minka vom DornenClan", also bitte nichts kommentieren!)

 

Prolog

 

1 Jahr vor der Zerstörung der Erde durch Ruin...
Zwei Sonnen weit entfernt von der Erde, auf einem kleinen üppig bewachsenen Planeten...

 

Es war spät am Abend. Eine Floranerin, gekleidet in grüner Protektorat-Uniform, war gerade auf dem Weg zu ihrer provisorisch erbauten Hütte aus Holz, Stein und einem Blätterdach. Drinnen angekommen setzte sie sich auf einen alten Holzstuhl, neben dem ein Holztisch mit einer grün leuchtenden Lampe draufstand.

Sie seufzte.

"Schon wieder kein Dorf gefunden, geschweigedenn eine Stadt."

Enttäuscht nahm sie ein kleines Buch hervor und begann etwas zu schreiben.


Nach einiger Zeit hörte sie ganz leise Geräusche, als würden viele winzige Steinchen auf das Blätterdach regnen. Das konnte nur eines bedeuten... Die Floranerin stand auf und begab sich nach draußen.

"Oh wie schön!"

Ein Sternschauer hatte begonnen. Die winzigen verglühenden Himmelskörper erleuchteten die dunkle Waldlandschaft wie eine Silvesternacht auf der Erde. Mehrere Minuten stand sie da und genoss den Anblick.
Plötzlich und ohne Vorwarnung krachte etwas Größeres mit voller Wucht durch das Dach ihrer Hütte und zerbarst drinnen den Tisch. Die Floranerin bekam einen riesigen Schreck und dachte, dass das wohl ein größerer Meteor war. Doch dann fiel ihr auf, dass keine weiteren folgten und es sowieso unüblich für einen Waldplaneten wäre.
Neugierig, aber äußerst vorsichtig bewegte sie sich auf die Hütte zu und lugte durch den Eingang. Was sie dann sah, erschrak sie noch viel mehr: Inmitten des zerbrochenen Tisches lag regungslos ein beige- und schwarzfarbenes Fellbündel mit großen, sehr langen beigen Federn, die zu den Spitzen hin weiß wurden. In der Dunkelheit konnte sie nicht erkennen, wo Kopf oder Beine waren, Fell und Federn allerdings waren sichtlich blutverschmiert. Bei genauerem Hinsehen erkannte sie erleichtert, dass das Tier noch atmete.

"Du Armer. Lass mich dir helfen..."

Im Handumdrehen bastelte die Floranerin einen neuen Holztisch an einer Werkbank, die sie aus ihrem Inventar holte und hievte das bewusstlose Tier behutsam darauf.
Da sie vor nicht allzu langer Zeit erst zur "Beschützerin" ernannt worden war, hatte sie alles dabei, was sie brauchte. Die ganze Nacht durch pflegte sie das Tierchen, bereinigte das Blut und legte ihm Verbände an, wodurch ein weißer Bauch zum Vorschein kam.
Als der Morgen dann graute, wusste sie, wen sie vor sich hatte. Das Tier ähnelte sehr stark einem Schäferhund. Die Floranerin war lange genug auf der Erde um genug Tierarten von dort zu kennen. Kurios war nur, dass dieser Hund lange Flügel und selbst Schwanzfedern hatte, als hätte man ihn mit einem Vogel gekreuzt.

"Ich bin schon den seltsamsten Tieren und Monstern auf meinen Reisen begegnet, aber sowas... Ob eine geheime Organisation mit Schäferhunden experimentiert hat?", grübelte die Floranerin.

Das Tier schlief mittlerweile, was an seiner gleichmäßigen Atmung zu erkennen war. So leise wie möglich schlich die Floranerin hinter ihn und hob vorsichtig seine langen Schwanzfedern hoch, wodrunter sich tatsächlich sein Schweif verbarg.
Plötzlich zuckte das Tier einmal, es schien aufzuwachen. Sie ging wieder zu seinem Kopf, setzte sich davor, stemmte die Ellenbogen auf den Tisch und legte ihren Kopf abwartend in die Hände. Nach kurzem Warten öffnete der Hund halb seine Augen. Sie war erstaunt: Es waren keine Pupillen zu sehen, dafür leuchteten seine Augen in einem hübschen Himmelblau.

"Hey Kleiner. Bist du wach?", fragte sie liebevoll und beugte sich näher heran.

Erst jetzt realisierte der Hund, dass er nicht allein war. Er war so erschrocken, dass er die Augen aufriss und nach hinten aufsprang, vergaß dabei aber seine Verletzungen und jaulte schmerzhaft auf, als er eine verstauchte Hinterpfote belastete. Dabei verlor er das Gleichgewicht und fiel unsanft rückwärts vom Tisch. Beige-weiße Federn segelten durch die Luft.

"Oje! Alles in Ordnung, Kleiner?"

Besorgt eilte sie zu ihm. Er hatte sich auf den Bauch gelegt und die Pfoten über den Kopf geschlagen.

"Puh es geht dir gut, da bin ich erleichtert. Schließlich musst du dich noch bei mir revanchieren!", sagte sie trotzig und verschränkte die Arme.

Mit einem fragenden Jaulen hob der Hund beide Pfoten vom Kopf und sah die Floranerin verwirrt an, die auf das zerstörte Blätterdach zeigte.

"Du hast bei deiner Landung fast mein gesamtes Dach eingerissen!"

Schuldbewusst ließ der Übeltäter seine Flügel sinken, legte die Ohren an und schaute geknickt zu Boden.

"Tut... tut mir leid", sagte er kleinlaut.

Die Floranerin war entsetzt.

"Du kannst sprechen?!"

 

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Edited by Minka
Bildchen und Aussprache vergessen c:
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Kapitel 1: Wie ein Dejavu

 

Ungefähr zweieinhalb Jahre nach der Zerstörung Ruins...

 

Zwei Flügelpaare wippten in der Finsternis auf und ab. Das eine fast unsichtbar durch seine schwarzen Federn, das andere bestens erkennbar an seinen lichtweißen.
"Ich glaube das mit dem Mitternachtplaneten war doch keine so tolle Idee..."
"Ach was. Sieh doch nur, wie viel es hier zu bestaunen gibt!", kam der sarkastische Widerspruch von Elsa.
Minka schmollte. "Ich könnte schwören, dass wir schon viele versteckte Schätze übersehen haben! Vielleicht sogar direkt unter..."
Aufgrund der Dunkelheit hatte Minka nicht gesehen, wohin sie lief und war mit einem Fuß über einen Abhang getreten. Sie versuchte noch ihr Gleichgewicht zu halten, schaffte es aber nicht und stürzte vorneweg in die Tiefe. In letzter Sekunde entfaltete sie ihre Flügel, um den Sturz abzufangen und landete unbeholfen auf Boden. Einen Augenblick später landete Elsa elegant neben ihr.
"Ja? Was wolltest du sagen?"
Eigentlich wollte Minka verärgert zischeln, entdeckte im gleichen Moment aber etwas vor sich.
"Hey, sieh mal da!", rief sie und zeigte auf ein großes düsteres Gebäude.
Zu neugierig, um Elsas Reaktion abzuwarten, eilte Minka voraus. Durch sein schwarzes Gestein war das Gebäude in der Dunkelheit kaum zu erkennen, nur einzelne Fenster mit dunklem Holzgeflecht waren zu sehen.
"Komm, lass uns den Eingang suchen!"
Langsame Schritte näherten sich von der rechten Seite des Gebäudes. Etwas wie ein lebendiger Schatten in Menschenform kam auf die beiden Freundinnen zu. Zwei rot leuchtende Augen schauten von Elsa zu Minka und wieder zurück.
"Sieh an... Gäste. Selten in dieser Gegend... Seid willkommen. Wollt ihr euch nicht etwas bei uns ausruhen?" Die Stimme des Schattenwesens hatte etwas Unheimliches.
Wie auf Befehl zog plötzlich ein starker staubiger Sturm auf.
"Eigentlich gefällt mir das nicht, aber lass uns zumindest den Sturm abwarten", flüsterte Elsa zu Minka.
Sie nickte als Zustimmung und so folgten die beiden dem unheimlichen Schattenwesen ins dunkle Gebäude. Drinnen war es noch viel dunkler als draußen und nirgends gab es auch nur eine Lichtquelle.
"Hier entlang, bitte. Und Vorsicht: Stufen", warnte der Gastgeber.
Erst als er wieder sprach und in ihre Richtung schaute, konnten die beiden sich einigermaßen orientieren. Zusammen gingen die drei einige Treppen hinauf.
"Ähm... entschuldige die Frage, netter Schatten, aber warum gibt es hier nirgendwo Licht? Für Gäste ist das doch ziemlich... naja, unkomfortabel?", fragte Minka vorsichtig.
Der Gastgeber gab als Antwort nur ein langgezogenes gruseliges Hauchen von sich, woraufhin Minka lieber nicht weiterfragte. Nachdem die drei oben angekommen waren, blieb ihr Gruppenführer stehen und öffnete knarzend eine Tür.
"Hier ist Ihr Zimmer", sagte er zu Minka und wandt sich dann zu Elsa, "und Ihres befindet sich direkt nebenan. Die erste Nacht ist kostenlos."
"Danke."
Mit einem weiteren langen Hauchen ging der Gastgeber langsam davon.
"Wir warten nur den Sturm ab und verschwinden dann so schnell wie möglich wieder", erinnerte Elsa Minka noch einmal und begab sich ins Nebenzimmer.
Draußen tobte noch immer der Sturm als Minka das ihr zugewiesene Zimmer betrat, doch zu ihrem Glück schien ab und an schwaches Mondlicht durch eines der Fenster, wodurch sie ein Bett in der hintersten Ecke des Raumes ausmachen konnte. Sie ging darauf zu, setzte sich drauf und war erstaunt, wie weich es war.
"Mh, fühlt sich an wie die Pelze von Zuhause."
Ein gewaltiger Gähner bestätigte ihre Müdigkeit, also legte sie sich hin und war nach wenigen Minuten auch tatsächlich weggedöst, wurde aber schon kurze Zeit später von einem lauten Krachen geweckt. Sofort wieder hellwach und erschrocken setzte sie sich auf und lauschte. Es krachte erneut, gefolgt von einem dumpfen Aufprall.
Das kam aus dem Nebenzimmer!
Minka sprang auf und wollte aus ihrem Zimmer stürmen, musste jedoch entsetzt feststellen, dass die Tür verriegelt war. Glücklicherweise war sie nicht sonderlich stabil, sodass Minka sie mit etwas Kraft auftreten konnte. Hunderte roter Augen drehten sich zu ihr um als die Tür fiel und gingen auf sie los. Elsa, die ganz in der Nähe von etlichen Schattenwesen umzingelt war, schleuderte gerade eines von ihnen über das fast unsichtbare Geländer.
"Pass auf, die haben Dolche!"
Minka wich einem Angriff aus und kickte einen von sich weg. "Bist du okay?!"
"Alles bestens, wir sollten nur schnellstens weg hier!"
Die Luft war erfüllt vom hungrigen Hauchen der vielen Schattengestalten. Sich mit Fäusten und Füßen verteidigend, kämpften sich Elsa und Minka durch die Meute. Ihre Feinde bewegten sich etwas träge, was sie nicht allzu gefährlich machte. Als eine neue Welle hinzu kam, konnte Minka dank des Mondlichtes kurz den geöffneten Haupteingang sehen.
"Da lang!", rief sie und stieß einen der Feinde die Treppen runter, der durch seinen unkontrollierbaren Sturz alle anderen mitriss.
Das war die Gelegenheit!
So schnell sie konnte, eilte Minka hinunter und schlängelte sich nach draußen durch, wo noch mehr rote Augen auf sie zukamen. Der Sturm hatte sich größtenteils gelegt und war nur noch eine leichte Brise. Minka nutzte das Mondlicht und flüchtete zu einer Reihe schwarzer Felsen, während sie nach ihrer Freundin Ausschau hielt.
"Elsa? Elsa, wo bist du?!"
Hinter ihr waren die vielen leuchtenden Augen der Schattenwesen, die sie immer noch langsam verfolgten, aber nirgends ein Zeichen von Elsa. Diesmal konnte Minka den Abhang sehen, der hinter den Felsen hinabfiel. Um ihre Verfolger loszuwerden, sprang sie runter und drückte sich flach gegen die Felswand. Kurz darauf hörte sie das Hauchen der Schattenwesen über sich, die verwirrt über den Abhang spähten. Erstaunlicherweise gaben sie schnell auf und zogen sich zurück.
"Mist... ich kann mich doch nicht ohne sie zurück aufs Schiff warpen...!"


Stunden mussten vergangen sein, in denen Minka sich vorsichtig schleichend in der Gegend nach Elsa umsah. Sie schaffte es sogar nochmal zum Horrorhaus, aber auch dort gab es keine Spur mehr von ihr. Nachdem gefühlt ein halber Tag vergangen war, gab Minka die Suche verzweifelt und erschöpft auf. In der Ferne sah sie noch ein Paar roter Augen, die sich ebenso suchend umschauten, dann teleportierte sie sich auf ihr Raumschiff.

 

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(In voller Länge zur Feier von Zwergis Geburtstag und weil ein schwarz-lilanes Wölfchen es so wollte :3)

 

Kapitel 2: Das Wiedersehen

 

Währenddessen... An einem unbekannten Ort...

 

Es war stockfinster. Obwohl kein Mond schien, beleuchtete ein schwaches rötliches Licht den Grund eines kleinen Teiches. Ringsherum standen mehrere Gestalten verschiedener Größe, nicht zu erkennen durch die Dunkelheit.
Eine tiefe strenge Stimme sprach: "Wir müssen etwas unternehmen. Dieser Silberflügel wird uns sonst früher oder später Probleme bereiten. Vorschläge?"
"Njähähä. Direkt angreifen und zerfetzen!!", antwortete eine psychotisch verrückte Stimme.
"Idiot. Das wäre viel zu auffällig."
Eine Ruhige meldete sich zu Wort. Sie sprach sehr langsam, fast schon träumerisch.
"Ich weiß etwas. Und mit diesem Plan schlagen wir sogar zwei Fliegen mit einer Klappe."
"Klingt doch optimal. Wie sieht der Plan aus?"
"Wir tun Folgendes..."

 

Zurück im Hyperraum bei Minkas Raumschiff...

 

Nach dem Eingeständnis, dass sie Elsa wohl nie wiedersehen würde, machte Minka sich auf den Weg nach Hause.
Den ganzen Rückflug über überlegte sie, ob sie nicht irgendetwas  übersehen hatte. Irgendeine Möglichkeit, um Elsa vielleicht doch noch zu finden. Aber in der endlosen Finsternis dieses Planeten hätte sie wahrscheinlich Jahre vergebens gesucht oder wäre den Schattenwesen zum Opfer gefallen.
Das Schiff trat in die Umlaufbahn ihres Heimatplaneten ein. Minka war zu gedankenverloren, um den genauen Teleportpunkt zu bemerken und landete dadurch etwas abseits ihres Dorfes. Es war nachts und sie musste sich die letzten Meter durch allerlei Gestrüpp kämpfen, wobei sie sogar noch über eine Ranke am Boden stolperte. Sie zischelte verärgert und bemerkte kaum, wie ihr ein bekannter Floraner entgegenkam.
"Oh! Minka! Lange issst her! Wie war deine Reisse?", begrüßte Ako sie erfreut.
"Hallo, Ako."
Ohne ihn auch nur anzusehen lief Minka weiter zu ihrem Haus. Alle im Dorf schienen zu schlafen. Nur am anderen Ende des Dorfes sah Minka einen weiteren Floraner patrouillieren und weit oben hörte sie einmal den Ruf eines Riesenvogels.
Bei ihrem Haus angekommen musste sie feststellen, dass etwas anders war als sonst. Abgesehen davon, dass es sichtlich größer geworden war, befand sich ein kleines Beet direkt nebendran. An langen, knochenbleichen Ranken mit dunkelvioletten Blättern hingen blutrote runde Früchte, die Minka nicht kannte.
Ihre schwarzen Flügel streiften den Türrahmen, als sie ihr Zuhause betritt. Sie sah sich um.
Die untere Ebene sah jetzt mehr nach einem Besprechungsraum aus, mit zu vielen Sitzmöglichkeiten, Tierpelzen an den Wänden, einigen Blumen... und einer Treppe, die nach oben führte. Sofort schwang sich Minka die Treppe hinauf und fand oben ihr Bett. Neben einem Schrank aus Leder und Holz lag auch Sommerwinds Strohnest, das Minka nie entsorgen wollte, nachdem er gestorben war.
Am anderen Ende des Raumes entdeckte sie ein zweites Bett. Es war nicht ungewöhnlich, wenn zwei oder mehrere Floraner in einem Hausbaum wohnten.
Zu müde um zu grübeln, ging sie zu ihrem Bett und legte sich seufzend hin. Sie genoss das schwache grüne Licht und die vertraute Umgebung bewirkte, dass sie schnell einschlief.

 

Am nächsten Morgen wurde Minka durch das laute Schließen einer Tür geweckt. Widerwillig öffnete sie die Augen und lauschte. In der unteren Etage waren Schritte zu hören. Minka setzte sich auf und wartete. Jemand kletterte die Treppen hinauf und kurz darauf stand Lilietta im Raum. Sie war überrascht, aber erfreut, als sie Minka sah.
"Du bist zurück! Wo warst du denn die ganzen Jahre? ...warte. War ich zu laut? Hab ich dich geweckt? 'tschuldige."
Minka schaute verdutzt drein. "Um... alles gut, ich war eh schon wach. Wohnst du jetzt auch hier?", wollte Minka wissen und zeigte auf das andere Bett.
"Öh, ja. Der Greenfinger hatte mir das angeboten gehabt, nicht lange nachdem du weg warst. Das ist doch okay, oder?!"
"Ja, natürlich", versicherte Minka.
Lilietta atmete erleichtert aus.
"Aber jetzt erzähl doch mal, wo du so lange warst!"
"Ich wollte zu Greenfinger Chinzah gehen. Wenn du mitkommst, kannst du mithören."

 

Der Weg zum Baum des Greenfingers gestaltete sich schwerer als erwartet. Mehrere Floraner kamen neugierig angerannt, bombardierten Minka mit tausenden von Fragen und kesselten sie regelrecht ein. Lilietta ließ sich das nicht bieten. Sie packte Minka am Arm, zog sie aus der Meute und eilte zum großen Baum. In der ersten Etage angekommen, schloss sie die Tür und hielt inne.
"Puh... das war knapp."
"Hmh", stimmte Minka zu und überlegte. "Da fällt mir etwas ein. Warum kamst du eigentlich erst heute Morgen nach Hause?"
"Ich war auf der Suche."
"Suche? Bei Nacht?"
"Erinnerst du dich nicht mehr? An den Metallwolf, vor dem ich dich gerettet hatte? Er muss ja irgendwo auf dem Planeten wohnen."
"Ja schon, aber... so ganz alleine? Das ist echt mutig."
"Oder echt dumm."
Bei der Stimme vom Greenfinger schreckten beide zusammen.

"Greenfinger Chinzah! Du wirst nie glauben, was..."
"Lilietta! Ich hatte dir doch ausdrücklich untersagt, alleine nach diesem Wolf zu suchen!", unterbrach er Minka aufgebracht.
"Tut mir leid", murmelte Lilietta und schaute zur Seite.
Der Greenfinger beruhigte sich wieder. "Ich weiß, du hast deine Gründe, aber es bringt niemandem etwas, wenn er dich auch noch tötet."
Minka war verwirrt.
Was sollte Lilietta für Gründe haben, diesen Wolf zu jagen?
Sie würde später nachfragen.
Die Drei begaben sich in Chinzahs Raum und Minka begann zu erzählen. Liliettas Augen wurden immer größer und auch Chinzah war erstaunt, als sie hörten, wie Minka wegen Nyura nur knapp dem Ruin entkam.
"Da hast du wohl eine Freundin fürs Leben gefunden."
"Aye", sagte Minka genervt und fügte murmelnd hinzu: "Müsste aber tot sein."
Chinzah sah sie mit einem prüfenden Blick an.
"Ich weiß, ich weiß. Du sagst immer, man soll jedem eine Chance geben und nie vorurteilen. Aber das ging wirklich zu weit, ich konnte nicht anders."
"Na hoffentlich schlägt dir das nicht aufs Karma."
"Ich denke, das hat es bereits...", grummelte Minka und erzählte weiter, wie sie Elsa kennenlernte und mit ihr das Universum unsicher machte, bis sie auf dem Mitternachtplaneten landeten und sich durch einen Hinterhalt verloren.
"... und dann hatte ich mich auf den Heimweg gemacht."
Chinzah nickte veständlich. "Nun, ich glaube, das Reisen mit diesem Engel hat dir ganz gut getan. Was das Dorf angeht war alles soweit friedlich, bis auf einen Angriff des Wolfes auf einen Jagdtrupp. Seitdem wollen gewisse Floraner ihn auch unbedingt erlegen", sagte er mit einem strengen Seitenblick auf Lilietta.
"Er ist also wirklich noch da...", flüsterte Minka nachdenklich zu sich selbst.
Chinzah nickte erneut und machte eine kurze Pause, bevor er heiter erwähnte:
"Ah, übrigens! Du solltest unbedingt der Kolonie einen Besuch abstatten! Dort hat sich eine Menge getan."


So verabschiedeten sich alle voneinander und Minka machte sich voller Erwartungen direkt auf zur Kolonie. Chinzah behielt recht. Viele neue Gebäude waren dort entstanden und etliche Menschen liefen geschäftig hin und her. Es dauerte nicht lange, bis sie die blaue Kleidung von Isa ausmachte, die Minka hocherfreut empfing und sofort eine Rundtour gab. Alle Häuser waren aus dem gleichen ockerfarbenen Gestein, ebenso wie die Dächer, die aber fast immer eine andere dunkle Farbe hatten. In der Mitte des Ganzen befand sich eine Art kleiner Park mit einem Springbrunnen, Bänken zum Sitzen und vielen Blumen. Isa selbst wohnte allein in einem Haus am Rand der Kolonie. In der Richtung, wo die Avianersiedlung lag, befanden sich noch weitere Wohnungen im Bau. Minka entdeckte dort einige Menschen, die mit einem gelben Helm auf dem Kopf und seltsamen, teils lichtreflektierenden Jacken rumliefen.

Nachdem Isa so viel mit ihrer Kolonie geprahlt hatte, war Minka an der Reihe. Denn während der Abenteuer mit Elsa hatte sie eine besondere Waffe gefunden. Sehr gut versteckt in einem Höhleneingang lag in einer großen Truhe ein Speer, aber kein gewöhnlicher. Aus unerklärlichen Gründen glühte die Speerspitze, als würde eine Flamme darin lodern. Isa meinte, dass es eine elementare Waffe sei und Minka noch herausfinden müsste, wie sie das Feuer aktiviert. Minka widerum konnte sich einen Feuer erzeugenden Speer nur schwer vorstellen, gleichzeitig war sie aber fasziniert von dem Gedanken.
Beide setzten sich auf eine der Bänke beim Springbrunnen und erzählten noch eine Weile. Bis es dämmerte. Am liebsten hätte Minka noch viel länger geplaudert, aber Isa hatte noch Wichtiges zu erledigen, also machte sich Minka dann doch auf den Rückweg. Und obwohl sie durch die vertraute Umgebung und ihre besten Freunde wieder positive Energie geladen hatte, machte sich ein mulmiges Gefühl in ihr breit.

 

Am späten Abend, als es schon dunkel war, ging Minka auf den kleinen Vorsprung, weit oben in der Baumkrone des Greenfinger-Baumes. Das Dach war hier an einer Stelle offen und das Stroh wie eine Plattform nach außen weg gebaut. Hier konnten die Jäger direkten Kontakt mit ihren Riesenvögeln aufnehmen. Da Minka keinen mehr besaß, setzte sie sich ans äußere Ende und ließ die Beine über die Kante nach unten baumeln.
Während sie über die dunkle Dschungellandschaft hinwegschaute, kam ihr in den Sinn, was sie schon alles erlebt hatte und wen sie alles kennenlernte. Doch plötzlich fiel ihr etwas ins Auge. Sie schaute in die Richtung, wo Kolonie und Siedlung lagen und erstarrte. Weit in der Ferne dieser Richtung stieg eine riesige Rauchwolke empor und flammenfarbenes Licht leuchtete weitreichend im Dschungel.
Ein Brand war ausgebrochen!

 

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Kapitel 3: Es ist eine Falle! (Teil 1)

 

Blitzschnell rutschte Minka vom Vorsprung, ließ sich fallen und spreizte kurz vor dem Boden ihre Flügel, um sanft zu landen. Erst jetzt bemerkte sie, dass das ganze Dorf in Aufruhr war. Viele Floraner, darunter auch Jäger, stürmten los zur Brandstelle. Sogar der Greenfinger kam aus seinem Baum geeilt.
"Ich habe es von oben gesehen! Wir müssen sofort dorthin und verhindern, dass sich das Feuer ausbreitet!"
"Wir?!", fragte Minka verwirrt.
Auch Lilietta kam hinzu. "Was ist denn hier los?!"
"Bei den anderen Dörfern ist ein großer Brand ausgebrochen!"
"Was?!", rief sie entsetzt.
"Keine Zeit für lange Reden! Kommt mit!"
Sofort rannte der Greenfinger ebenso los, gefolgt von weiteren Floranern und Minka und Lilietta. Über ihnen flogen sämtliche Riesenvögel in dieselbe Richtung. Ihre Besitzer mussten sie zum Ausschau halten losgeschickt haben.

 

Bereits von Weitem waren Menschen und auch Avianer zu sehen, die aufgeregt um den Großbrand herumliefen und versuchten es mit Wassermengen aus übertrieben großen, maschinellen Wasserspritzpistolen zu löschen. Das Feuer wütete in der Kolonie, hatte bereits ein Haus komplett verschlungen und ein daneben stehendes zur Hälfte. Der kleine Park lag bedrohlich nahe am Brandpunkt und lief Gefahr, ebenso in Flammen aufzugehen.
Die Floraner blieben kurz vor der Kolonie-Lichtung stehen und starrten neugierig oder panisch zum Feuer. Minka war enttäuscht, dass ihre Freunde sich nicht beim Löschen beteiligen wollten. Gleichzeitig kam ihr aber in den Sinn, dass Menschen Floranern nicht sonderlich trauten. Dem Greenfinger folgend rannte sie mit zu einer Gruppe von Menschen, die sich gegenseitig Befehle zuriefen. Einer von ihnen, in braun- und olivfarbener Soldatenuniform und mit einer großen langen Schusswaffe auf dem Rücken, bemerkte sie und kam ihnen entgegen.
"Sofort stehenbleiben!", brüllte er und hielt eine Hand stoppend vor.
"Entschuldigen Sie, dass wir einfach uneingeladen hereinkommen, aber diesen Brand zu löschen ist gerade oberste Priorität", entschuldigte sich Chinzah friedlich.
"Wir haben die Situation bereits unter Kontrolle und benötigen keine weitere Hilfe. Und schon gar nicht von Tatverdächtigen."

Sein Blick schweifte kurz zur Floranermeute am Lichtungsrand.
"Wie bitte? Bezeichnen Sie meine Floraner etwa als Brandstifter?", fragte Chinzah entrüstet.
"Es ist uns nicht unbekannt, dass eure Spezies gerne wild und ungestüm ist!", fuhr der Soldat ihn an.
Weitere Soldaten mussten den Streit beobachtet haben und gesellten sich zu ihrem Kollegen, nur um ebenso lautstark gegen den Greenfinger zu argumentieren. Den Floranern am Lichtungsrand gefiel das gar nicht und einer nach dem anderen kam aufgebracht näher, um lautstark gegen die Menschen zu argumentieren. Zu allem Überfluss kamen auch noch Avianer dazu, die die Menschen unterstützten. Es war ein reines Wortgefecht. Alle redeten durcheinander, sodass Minka niemanden mehr genau verstehen konnte und wenn es so weiterginge, würde es wahrscheinlich ausarten. Voller Panik versuchte Minka Isa irgendwo in der Menge auszumachen, aber je mehr das Feuer gelöscht wurde, desto dunkler wurde es wieder. Der Soldat, der angefangen hatte, nahm bereits seine Waffe in die Hände und einige avianische Wachen taten es ihm gleich.
Plötzlich landete ein Riesenvogel neben der streitenden Ansammlung und stieß einen so lauten und so schrillen Schrei aus, dass alle Wortgefechte verstummten. Nach einer kurzen peinlichen Stille wandte sich der Soldat erneut an den Greenfinger, diesmal etwas ruhiger.
"Ab sofort hat jeder Floraner - ich wiederhole - jeder Floraner Besuchsverbot. Ohne Ausnahmen. Herumschleichen in unserer unmittelbaren Umgebung zählt ebenfalls dazu. Das gilt auch für euer schwarzes Schaf."
Er sah Minka direkt an, die sich zurückhalten musste. Sie wusste, dass er ihre schwarzen Flügel meinte und konnte sich denken, dass "Schaf" als Beleidigung gemeint war, auch wenn sie sowas nicht kannte.
"Verstanden?", hakte der Soldat nach.
Chinzah seufzte. "Nun, ich denke es ist wohl am besten so."
Daraufhin drehte er sich um und gab den Floranern das Kommando für den Rückweg. Er selbst warf noch einen Blick auf die Soldaten, die den Floranern trotzig hinterherschauten und machte sich dann kopfschüttelnd auf den Weg.
Der Brand war nun vollständig gelöscht, wodurch die Atmosphäre umso düsterer erschien. Nur einzelne Laternen beleuchteten die Gegend. Auch Minka wollte nicht länger an diesem unsympathischen Ort bleiben und folgte ihren Freunden.

Lilietta kam aufgebracht zu ihr.
"Ich kann nicht glauben, was da eben passiert ist! Die haben uns tatsächlich Brandstiftung unterstellt! Wie kommen sie bloß darauf?"
"Ich weiß es auch nicht. Vor allem weil wir Floraner doch eigentlich Feuer fürchten...", grübelte Minka.
"Und dann hat dich der eine auch noch angegriffen, als hätte er direkt gegen dich etwas."
Das kam auch Minka suspekt vor.
An den Flügeln wird es wohl kaum gelegen haben. Doch da fiel ihr etwas ein.
Als sie mit Isa über die Feuerfähigkeit ihres neues Speers gesprochen hatte, hatten drei Soldaten aus sicherer Entfernung mitgehört.
Minka stockte der Atem, sie verlangsamte ihr Tempo.
"Sie denken, ich war das!", flüsterte sie.
"Wieso denn das? Sowas würdest du doch nie tun", erwiderte Lilietta ungläubig.
"Würde ich auch nicht! Sie müssen mitbekommen haben, wie ich mit Isa über meinen neuen Speer gesprochen hatte. Er kann wohl irgendwie Feuer erzeugen..."
Lilietta war überrascht. "Ah, du meinst wie mein Schwert?"
Minka nickte und überlegte, ob sie vielleicht wieder zurückgehen sollte, um das Missverständnis sofort zu klären. Es wäre wohl aber unmöglich so ganz ohne Beweise und sie würde Risiko laufen, dass die Kolonie ihr nur noch mehr misstraute. Lilietta schien ihre Verzweiflung zu spüren.
"Kopf hoch, wir kriegen das schon irgendwie hin", ermutigte sie Minka.
Den ganzen Rückweg über beschwerten sich die Floraner untereinander über die Menschen und Avianer. Selbst als sie alle zurück im Dorf waren und sich in ihre Häuser zum Schlafen begaben, meckerten die meisten noch. Eigentlich wollte Minka wachbleiben und überlegen, wie sie das Problem am besten und schnellsten lösen konnten. Lilietta drängte sie jedoch so lange zum Schlafen, bis Minka unzufrieden nachgab.

 

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Kapitel 3: Es ist eine Falle! (Teil 2)

 

Am frühen Mittag schreckte Minka durch einen fiesen Traum hoch. Sofort meldete sich Lilietta, die ihr Schwert zurück auf die Wandhalterung legte. Wahrscheinlich war sie morgens unterwegs gewesen oder wollte gerade weg.
"Alles okay? War es ein Albtraum?"
"Ich weiß nicht, ob es nur ein Traum war. Es könnte real sein...", sorgte sich Minka.
"Worum ging es denn?"
Neugierde und Besorgnis geweckt, ging Lilietta näher zu Minka, die noch kurz schwieg.
"Ich hab nur geträumt, dass...", begann sie zögerlich. "Isa vielleicht denkt, ich hätte das Feuer gelegt. Und... wie enttäuscht und wütend sie auf mich war..."
"Wenn sie wirklich deine beste Freundin ist, wird sie dir das niemals anhängen. Also vergiss das mal ganz schnell", versuchte Lilietta sie aufzumuntern, doch Minka schüttelte nicht überzeugt den Kopf.
"Am liebsten würde ich hingehen und mit ihr reden, aber das würde nur mehr Ärger geben..."
Sie stieß einen traurigen Seufzer aus und stand auf.
"Ich werde mich ein wenig an der Pteropodjagd versuchen. Bis später", verabschiedete sie sich kurz und verließ das Haus.
Sobald Minka außer Sicht- und Hörweite war, sprang Lilietta rüber zu ihrem Schwert und zog sich ihre Rüstung an. Wenn Minka nicht zur Kolonie gehen wollte, dann würde sie es tun. Nachdem sie sich versichert hatte, dass sie niemand sah, schlich sie hinter das Haus in den Dschungel und weiter zur Kolonie.

 

 

Dort angekommen, versteckte sich Lilietta erstmal am Rand der Lichtung zwischen großblättrigen Bodengewächsen und spähte hinüber. Nur zwei Wachen liefen patroullierend hin und her, aber genügend andere mögliche Zeugen standen vereinzelnd hier und da oder liefen geschäftig hin und her.
Lilietta erinnerte sich, dass Isa eine Art dunkelblaue Rüstung trug, als sie einmal ins Dorf zu Besuch kam. Also hielt sie nach dunkelblauer Kleidung Ausschau. Minuten später hatte sie jedoch immer noch nichts entdeckt. Sie änderte ihren Plan, schaute sich die einzelnen Gebäude an und überlegte, in welchem sie Isa wohl am ehesten finden würde. Etwas weiter außerhalb und gar nicht weit entfernt von ihrer Position entdeckte sie eins mit einem passend dunkelblauen Dach. Vorsichtig schlich sie einige Meter zurück in dichteres Buschwerk und ging in Richtung dieses Hauses. Jetzt musste sie ihre Deckung verlassen. Sie prüfte die Gegend. Niemand war zu sehen. Schnell und geduckt lief sie zur Hinterseite des Hauses und lugte durch ein Fenster. Drinnen standen Regale mit Büchern und winzigen Figuren und auf einem Tisch seltsame Geräte mit Antennen. Plötzlich spürte sie etwas von hinten gegen ihre Rüstung drücken und hörte ein seltsam unrealistisches Schussgeräusch. Sie wirbelte angriffsbereit herum und hielt instinktiv ihr Schwert schützend vor sich. Isa stand lächeln hinter ihr und hatte die Hand wie eine Pistole geformt.
"Du musst jetzt umfallen, bist tot", sagte sie amüsiert.
"Nicht lustig...", beschwerte sich Lilietta und ließ ihr Schwert wieder sinken.
"Das Verbot zu ignorieren und anderer Leute Häuser auszuspionieren ist auch nicht lustig", erwiderte Isa.
"Das war kein Spionieren, ich habe Sie gesucht!", verteidigte sich Lilietta.
Ungläubig verschränkte Isa die Arme vor der Brust und wartete auf eine Erklärung.
"Es geht um Minka. Sie macht sich Sorgen, dass Sie denken könnten, sie hätte das Feuer letzte Nacht gelegt."
"Wegen sowas kommst du hierher? Oh man... Richte ihr aus, dass ich ihr nicht die Schuld dafür gebe", sagte Isa knapp und wollte sich zum Gehen wenden.
"Moment! Das hab ich schon probiert, aber sie hört nicht auf mich! Könnten Sie sie nicht bitte suchen und es ihr persönlich sagen? Sie wird sich sonst ewig Vorwürfe machen..."
Seufzend hielt Isa inne. "Na schön. Wo finde ich sie?"
"Sie wollte auf Pteropodjagd beim Sumpf gehen", sagte Lilietta mehr als erleichtert.
"Alles klar. Aber du verschwindest sofort von hier, okay?", verlangte Isa noch und bekam ein eifriges Nicken und ein "Danke!" als Antwort. Einen Moment wartete Isa noch, bis Lilietta komplett verschwunden war, dann ging sie los.

 

 

Ein Speer segelte durch die Luft und verfehlte nur knapp ein Pteropod. Laut platschend landete er im sumpfigen Wasser.
"Bah. Na ganz toll...", murmelte Minka angewidert, die von einem der großen Sumpfweiden aus geworfen hatte.
Das Pteropod blickte sich verwirrt nach seinem Angreifer um, entdeckte jedoch niemanden und flog weiter seines Weges. Minka kam hinter dem Baum hervor und fischte ihren Speer aus dem Wasser.
Vielleicht sollte ich's doch im Dschungel probieren, überlegte sie und schaute über den Sumpf hinweg zum vertrauten Dschungelgebiet.
Unwillkürlich, weil sie zu sehr in Gedanken war, bewegte sie sich darauf zu.
Ein heiteres Lachen aus weiter Entfernung zog ihre Aufmerksamkeit auf sich. Dieses Lachen kam ihr sehr bekannt vor. Minka rannte los, an den sumpfigen Pfützen vorbei, bis kurz vor den ersten Lianen. Wieder ertönte das fröhliche Lachen. Sie sprintete weiter, blieb dann aber abrupt stehen und versteckte sich hinter einer dichten, großblättrigen Pflanze, um nicht direkt aufzufallen. Nur wenige Meter vor ihr stand sie. Allerdings nicht alleine. Minka musste genau hingucken, um sich zu vergewissern, dass sie nicht träumte. Gegenüber von Isa saß der graue Wolf, der so schwer wie Metall war. Erst dachte Minka, die beiden wären mitten im Kampf, aber Isas fröhliche Haltung und die Tatsache, dass der Wolf seelenruhig vor ihr saß, sprachen eindeutig dagegen.
"Nein nein. Mir geht's gut. Ich wurde vom Feuer verschont", sagte Isa gerade zum Wolf.
Minka war total perplex.
Sie reden miteinander wie gute Freunde?!!
Allein der Fakt, dass sich Isa mit dem Wolf verständigen konnte, musste bedeuten, dass sie ihn schon ewig kannte.
Der Wolf zuckte mit dem Ohr und legte den Kopf schief.
"Ja, sie ist wieder da. Deswegen brauche ich dich, du musst sie endlich eliminieren. Pass aber auf, sie hat jetzt einen Feuerspeer."
Wie ein Blitz durchfuhr es Minka. Jetzt wurde ihr einiges klar. Wölfe existierten nur auf der Erde, die es seit Ruins Zerstörung nicht mehr gab. Isa war eine der wenigen, die noch rechtzeitig von dort flüchten konnten. Sie musste diesen Wolf, was auch immer er genau war, heimlich mitgenommen haben und das bis zu Minkas Heimat.
Bestimmt will sie uns alle und die Avianer von ihm töten lassen, damit sie den Planet für ihre Kolonie allein hat!, stellte sie aufgebracht fest und bereute ihre damalige Tat.
Ich hätte ihr nie vertrauen sollen. Durch mich hat sie die Koordinaten bekommen. Wegen ihr ist Sommerwind tot und wir alle in Gefahr...
Noch unschlüssig, was sie nun tun sollte, konzentrierte sich Minka wieder auf die beiden. Der Wolf war aufgestanden, sein Fell glänzte metallisch und er schaute Isa mit seinen tiefschwarzen Augen erwartungsvoll an. Zufrieden grinsend holte Isa einen Knochen aus ihrem Inventar und warf ihn dem Wolf zu, der ihn im Flug mit seinen spitzen Zähnen fing.
"Schnapp sie dir", wies sie ihn an, woraufhin er kehrtmachte und davonrannte. Auch Isa ging langsam in die entgegengesetzte Richtung fort.
Verräterin. Ich muss das beenden!
Entschlossen und etwas rachsüchtig holte Minka ihren Speer aus dem Inventar.
Obwohl sie Isa nun aus den Augen verloren hatte, schlich Minka in die Richtung, wo sie sie zuletzt gesehen hatte und kurz vor einem kleinen Abhang entdeckte sie die Verräterin. Sie hatte angehalten und starrte todernst geradeaus. Minka folgte ihrem Blick und war überrascht, als sie weit hinten, durch viele Sträucher hindurch, die Häuser der Kolonie sah.
Jetzt oder nie!
Mit einem langen Sprung vom Abhang runter landete Minka direkt vor Isa und nahm eine Angriffshaltung ein.
"Woah! Hast du mich erschreckt! Sowas kannst du doch nicht machen!", rief Isa und bemerkte Minkas feindlichen Ausdruck und den gezückten Speer.
"Was ist? Du guckst mich an, als wäre ich ein Hylotl."
"Tu nicht so scheinheilig. Ich hab euch gesehen."
"Wen? Wann? Wo?"
Die sichtlich gespielte Verwirrung machte Minka nur wütender.
"Dich und diesen Wolf! Du gibst ihm Befehle, dass er uns alle nacheinander töten soll!"
"Bitte?! Wie kommst--"
"Du hast mich ausgenutzt! Mein Vertrauen missbraucht! Und jetzt gibst du es nicht mal zu! Das ist widerlich... Du bist widerlich!"
Isa holte tief Luft und sagte ruhig: "Hör zu. Ich weiß nicht, was du gesehen hast oder wer dir diesen Blödsinn erzählt--"
"Sei still. Ich hab genug von dir und deinen Lügen. Wir werden das hier und jetzt beenden."
Minka zielte mit ihrem Speer direkt auf Isa, die einen kurzen Blick auf ihn warf und dann wieder Minka ansah.
"Das bringst du nicht."
"Wähle eine Waffe. Na los!"
Doch Isa schüttelte nur enttäuscht den Kopf.
"Ich werde deine erfundene Geschichte nicht unterstützen. Wenn du es unbedingt tun willst, dann nur zu", sagte sie.
Sie will mich verwirren! Aber darauf falle ich nicht nochmal rein!, erkannte Minka und holte aus.
Wie erwartet zog Isa im Angesicht des nahenden Angriffs doch eine Waffe, ein Taschenmesser, hervor. Minkas Rage velieh ihr jedoch viel schnellere Reflexe. So ergriff sie Isas rechte Hand, mit der sie zustechen wollte, hielt diese weg und betäubte durch einen blitzschnellen Schlag mit dem Speergriff kurzzeitig ihre linke Hand, die widerum den Speer abblocken wollte. Und dann geschah es. Geblendet von Verrat und Wut erstach Minka ihre beste Freundin, die sofort erstarrte und ihre Klinge fallen ließ.
"Das ist für Sommerwind", flüsterte Minka. Da sie Isa einen ebenso schrecklichen Tod erfahren lassen wollte, entriss sie ihr das Inventar-Armband und zog ihren Speer wieder zurück, wodurch Isa direkt zusammenbrach.
"Hoffentlich bist du im nächsten Leben vertrauenswürdiger", sagte Minka zu ihr und wich ein paar Schritte zurück. Ein letzter Blick auf ihre sterbende ehemalige Freundin, dann wandte Minka sich ab und ging davon. Ihre Gedanken rasten. Ein merkwürdiges Gefühl machte sich in ihr breit. Sie fühlte sich wilder und energiegeladener als je zuvor. Das Blut tropfte beim Laufen immer wieder von der Speerspitze. Ob so die Floraner ohne Greenfinger tagein tagaus lebten? Blutrünstig und mit dem Verlangen, jedes Lebewesen zu töten?
Minka schüttelte heftig den Kopf. Sie war keine dieser Wilden. Sie war vernünftig und wollte für Recht und Ordnung zwischen allen sorgen. Isa war hinterhältig und unberechenbar und musste aus der Welt geschafft werden. Es war kein sinnloses Blutvergießen. Zumindest redete Minka sich das ein...

 

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Kapitel 3: Es ist eine Falle! (Teil 3)

 

Auf einmal kicherte jemand ganz nah bei ihr und riss sie aus ihren Gedanken. Wegen dem ganzen Nachdenken hatte sie gar nicht bemerkt, wohin sie gelaufen war.
"Hihi. Naive kleine Floranerin... Jetzt wirst du große Probleme bekommen."
Die weibliche Stimme sprach sehr langsam und hallte von jedem Baum wider.
"Wer bist du? Komm raus und zeig dich!", forderte Minka sie heraus.
"Hihihi. Ich bin die Meisterin der Illusionen. Und du, meine kleine naive Floranerin, bist wunderbar in meine Falle getappt."
Minka schaute sich alarmiert um, entdeckte aber nichts, was einer Falle ähnlich sah.
"Hihi. Die Falle hat schon längst zugeschnappt. Der Beweis klebt noch an deinem Speer."
Verwirrt betrachtete Minka den Speer, an dem noch das Blut von Isa hing.
"Ich verstehe nicht...", sagte sie eher zu sich selbst.
"Was du gesehen hast, Mensch und Tier, war nur eine Illusion von mir."
"... Isa und der Wolf?"
"Hihihi. Ganz recht. Ich habe dich hereingelegt. Und rate, was passiert, wenn die anderen Menschen herausfinden, was eine Floranerin getan hat. Richtig! Sie werden sich rächen und eine Schlacht gegen dein unschuldiges Dorf führen. Und schuld daran bist einzig und allein... du."
"Warum sollte ich jemandem glauben, der sich nicht mal zeigen will?!", rief Minka aggressiv.
"Dreh dich um."
Vorsichtig lugte Minka über ihre Schulter und sprang erschrocken weg, als sie den Metallwolf hinter sich sitzen sah. Aber als sie mit ihrem Speer zustechen wollte, traf dieser ins Nichts und der Wolf löste sich langsam, wie Nebel, auf.
"Hihi. Die Zeit läuft, kleine Floranerin. Bring dich in Sicherheit."
Minka stand da wie angewurzelt. Die Szene mit Isa und dem Wolf war nicht real gewesen! Das erklärte auch, warum die offensichtlich richtige Isa so verwirrt und verleugnend reagiert hatte! Ein eiskalter Schauer durchfuhr Minka. Sie sprintete aus dem Stand los, die ganze Strecke zurück zum Ort des Geschehens. Sie rannte so schnell, dass sie fast über ihre eigenen Beine stolperte.
Was hab ich nur getan... Wie konnte ich so dumm sein?!
Bei der Stelle angekommen, war Isa nirgends mehr zu sehen. Nur eine Blutlache am Boden verriet die schreckliche Tat. Verzweifelt und voller Panik schaute Minka sich um und entdeckte eine Blutspur, die zur Kolonie hin verlief. Minka folgte der Spur, bis sie nach nur wenigen Metern jemanden regungslos vor sich liegen sah.
Oh nein...
Sie ließ ihren Speer fallen und warf sich neben ihr auf den Boden.
"Isa! Kannst du mich hören?! Bitte sag doch was!", flehte sie ihre Freundin an. Aber Isa zeigte keine Reaktion.
"Ich... ich muss irgendwas machen... irgendwas..."
Lautes Gebrüll arbeitender Menschen drang zu ihr durch. Die Lichtung der Kolonie befand sich nur wenige Schritte von ihr entfernt.
"Natürlich!"
Ohne weiter nachzudenken, lagerte Minka den Speer wieder ins Inventar ein und hievte sich Isa auf den Rücken, was nicht leicht war, da ihre Flügel im Weg waren. Sie eilte so schnell sie konnte zur Lichtung und steuerte die nächstgelegendsten Soldaten an.
"Hilfe! Ich brauche Hilfe!", rief sie.
Die Soldaten hatten sie schon bemerkt und zwei von ihnen kamen ihr entgegen.
"Stop, du darfst diese Zone nicht betreten!", warnte der ältere von beiden, wurde aber von seinem Kollegen an der Schulter berührt.
"Warte mal. Ist das nicht...?", fragte der leise und deutete auf Isa. Der ältere machte große Augen.
"Die Admiralin!", rief er empört.
Minka war mehr als unwohl bei der Sache.
"Sie ist schwer verletzt und braucht dringend Hilfe!"
Es brauchte keine großen Erklärungen mehr, denn der jüngere nahm ihr die Bewusstlose bereits ab, während der ältere befehlerisch etwas in ein Kommunikationsgerät mit kleiner Antenne redete. Drei weitere Menschen kamen angerannt, zwei davon ebenso in Soldatenuniform und der dritte in Kleidung, die Minka nur von den Bauarbeitern kannte.
"Was ist passiert?!", rief der Architekt entsetzt, als er Isa erblickte, die nun von den Soldaten weggetragen wurde.
"Werden wir noch herausfinden", meinte der ältere Soldat trocken, der als einziger dortgeblieben war. Dann wandte er sich an Minka.
"Du. Ich begleite dich in dein Dorf zurück. Komm."
Etwas an der Art dieses Soldaten beunruhigte Minka. Seine Worte waren streng und ließen keinerlei Widersprüche zu. Außerdem schien es, als würde er jeden umbringen, der sich ihm widersetzte.
"Wird... wird sie es denn schaffen?", fragte Minka vorsichtig.
Der Blick, den sie vom Soldaten bekam, war tödlich, sodass sie sofort verstummte. Gerade als sie ihm folgen wollte, schaltete sich der Architekt ein.
"Einen Augenblick, Sir. Lassen Sie mich die Floranerin zurückbringen. Sie sollten hierbleiben und die Lage im Auge behalten."
Der alte Soldat bedachte ihn kurz mit seinem tödlichen Blick.
"Gut. Aber nicht trödeln", gab er dann nach und ging davon, wobei er nochmal verachtend zu Minka schaute.
Der Architekt sagte nichts, packte Minka nur am Arm und zog sie weg vom Koloniegebiet in den Dschungel.
"Wie ist das passiert? Sei ehrlich", wollte er wissen.
Im Gegensatz zum grimmigen Soldaten, versprühte der Architekt eine Menge Sympathie. Minka sah ihn an. Er war sehr jung, wahrscheinlich knapp jünger als Isa, trug eine dunkelolivgrüne Hose und eine dieser dunklen Jacken, die teilweise das Licht reflektierten. Am sonderbarsten aber waren seine Haare: Kurz, glatt und himmelblau mit zwei königsblauen Strähnen an der rechten Seite.
Er blieb stehen und ließ Minka los.
"Wer oder was hat das getan?", fragte er noch einmal ausdrücklich. In seiner Stimme lag keine Wut, sondern endlose Besorgnis.
Minka schaute zu Boden. "I-Ich...", stotterte sie.
"Du also. Wie ich es mir dachte."
Es entstand eine unangenehme Stille. Der Architekt sah Minka nachdenklich an, die seinen Blick vor lauter Schuldgefühlen nicht erwidern konnte. Dann sah er an ihrem rechten Arm herunter.
"Gib mir das", befahl er ruhig und streckte eine Hand aus. Ohne ihn anzusehen, löste sie  das Armband von Isa von sich und übergab es ihm.
"Ich hoffe, dir ist klar, was du getan hast, Minka."
Als sie ihren Namen hörte, schaute sie erschrocken in seine grau-grünen Augen.
"Isa hat oft von dir erzählt", erklärte er. "Sie... hält sehr viel von dir."
Bei diesen Worten schaute er von ihr weg und Minka wusste genau, was das bedeutete. Nach diesem Vorfall würde Isa sicherlich nie wieder gut über sie denken. Oder noch schlimmer: Was, wenn sie allen Menschen davon erzählte und Vergeltung wollte?
Der Architekt schien ihre Gedanken lesen zu können. "Mach dir keine allzu großen Sorgen, es wird schon alles gut werden", versuchte er zu trösten. "Vorausgesetzt sie überlebt", murmelte er dann noch, leise genug, dass Minka es nicht verstehen konnte.
"Geh nach Hause und... mach dich erstmal sauber."
Erst jetzt bemerkte Minka, dass sie um den Hals herum bis zum Rücken mit Blut besudelt war. Selbst ihr rechter Flügel hatte etwas abbekommen. Ihr Angriff auf Isa muss wirklich fatal gewesen sein.
"Ich werde versuchen, jeglichen Verdacht von dir abzuwenden", versicherte der Architekt und wandte sich zum Gehen.
Minka brachte kein Wort heraus. Sie wusste nicht, ob das eine gute oder schlechte Idee war und schaute ihm hinterher, bis er zwischen der Dschungelflora verschwand.
"Tick tack, tick tack... hihi."
"Verschwinde!", schrie Minka verzweifelt und rannte nach Hause.

 

Nachdem sie sich saubergewaschen und allen neugierigen Floranern erzählt hatte, was geschehen war, hatte sich Minka in ihr Zimmer zurückgezogen, in dem Versuch Schlaf zu finden. Aber je länger sie wach blieb, desto mehr quälte sie das Unwissen. Was sollte sie tun, wenn Isa starb? Irgendwann wurde sie durch das ganze Nachdenken so müde, dass sie sich ins Bett legte und kurze Zeit später einschlief.

 

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Kapitel 4: Eine waghalsige Mission...

 

Die nächsten Tage vergingen unerträglich langsam und Minka versuchte sich mit allerlei Dingen abzulenken, während sie auf eine Nachricht der Kolonie hoffte. Als es am vierten Tag jedoch noch immer keinerlei Informationen gab, konnte sie es nicht mehr aushalten. Am Abend schlich sie ungesehen aus dem Dorf zur Kolonie. Der Greenfinger hatte zwar angeordnet, dass jeglicher Kontakt zu den Menschen untersagt sei, bis sich die Sache beruhigte, aber das würde wahrscheinlich noch Jahre dauern.

 

Vorsichtig und mit allen Sinnen geschärft befand sich Minka nun am Rand der Kolonie. Es patroullierten viel mehr Soldaten als vorher, was ihren Plan deutlich erschwerte. Das Hauptproblem war aber, ihre Freundin überhaupt erst zu finden. Die hereinbrechende Nacht war ihr einziger Vorteil. Nachdem sie sich versichert hatte, dass niemand in der Nähe war, schlich Minka zuerst zu Isas eigenem Haus und spähte durch die Fenster. Alle Lichter waren aus und keine Bewegungen zu sehen. Schritte kamen näher und kurz darauf ging ein Soldat an Minka vorbei. Zu ihrem Glück schaute er nicht zu der Hausseite, an die sie sich gepresst hatte.
Puh, das war mehr als knapp. Ich muss schnell herausfinden, wo sie sie hingebracht haben...
Der Soldat war seine Runde gelaufen und wieder außer Sichtweite. Minka lugte ums Haus herum und betrachtete die einzelnen Gebäude. Alle sahen von der Struktur her gleich aus, bis auf eins, das etwas größer und länger gebaut war und sogar eine zweite Etage hatte. Durch das Laternenlicht erkannte Minka eine doppelte Glastür als Eingang.
Das muss es sein!
Gerade als Minka losschleichen wollte, hörte sie wieder Schritte näherkommen, diesmal auf der anderen Seite des Hauses. Sie stellte sich so nah wie möglich an die Wand und hoffte, dass derjenige sie auch übersehen würde. Plötzlich stoppten die Schritte, die Person war direkt um die Ecke stehengeblieben. Minka hielt den Atem an. Es vergingen einige stille Sekunden, doch dann sprang jemand ruckartig um die Ecke und zielte mit zwei Revolvern auf sie. Es war der Architekt.
"Du?!", fuhr er sie an, senkte aber sofort die Stimme. "Was tust du hier? Wir haben den Befehl, jeden Eindringling sofort umzulegen!"
Er nahm die Revolver runter und schob Minka und sich etwas nach hinten, um nicht mehr im Lichtkegel zu stehen.
"Ich muss zu ihr! ... Wie hast du mich überhaupt bemerkt?", fragte Minka verwirrt, weil sie eigentlich keinerlei Geräusche von sich gegeben hatte.
"Da hingen schwarze Federn über die Hauskante", erklärte der Architekt kurz. "Du verschwindest sofort von hier! Wenn dich jemand erwischt, bist du tot!"
Er verstummte und warf einen hastigen Blick um die Ecke, als hätte er jemanden gehört. Das war Minkas Chance. Blitzschnell entriss sie ihm einen der Revolver und schlug ihm damit auf den Hinterkopf, wodurch er bewusstlos umfiel.
"Tut mir leid. Aber keiner wird mich aufhalten", flüsterte sie und schleppte ihn ins dichte Gebüsch, damit niemand ihn so vorfand.

Mit dem Gefühl, dass das noch richtigen Ärger geben würde, machte sie sich dann zurück zu den Häusern und schlich außenherum bis zum großen. Als sie sich dem Eingang näherte, öffnete sich die Glastür von alleine, was Minka mehr als unheimlich fand. Sie schlich hinein, sah sich um und lauschte. Keine Schritte, kein Gerede. Nur ein gedimmtes Licht, das den Eingangsbereich und moderne weiß-graue Schränke beleuchtete. Minka ging den rechten Gang entlang und überprüfte vorsichtig jeden Raum. Durch die Stille und die Anspannung konnte sie ihren eigenen Herzschlag hören. In jedem der Räume befand sich immer mindestens ein ordentlich hergerichtetes Bett umgeben von zwei winzigen Schränken rechts und links. Nach drei Räumen war sie am Ende des Ganges angekommen, wo eine Treppe in die zweite Etage führte. An der Wand hing ein kleiner orangefarbener Kasten mit einem grün umrahmten weißen Plus-Symbol darauf.
Das ist sowas wie eine Versorgungsstation. Sie muss hier sein!
Auch oben überprüfte Minka jeden Raum, bis sie schließlich fündig wurde. Im vierten Raum des Ganges entdeckte sie Isa schlafend in einem Bett. Aber gerade als sie näher herangehen wollte, hörte sie jemanden die Treppen hochkommen. Panisch eilte Minka in den Raum und versuchte so leise wie möglich die Tür zu schließen. Ein weiterer Raum um die Ecke führte in einen kleinen Waschraum, in dem sie sich gut verstecken konnte. Sie ließ die Tür einen Spalt weit offen und spähte hindurch. Ein Soldat betrat den Raum, um nach dem Rechten zu sehen. Minka wollte warten, bis er wieder ging, doch da fiel ihr etwas ins Auge, was auch ihm auffiel. In der Hektik hatte Minka eine Feder ihrer Flügel verloren, die nun mitten im Raum lag.
Ooooh nein nein nein!!
Sie sah nur noch, wie der Soldat die Feder aufhob, dann rannte er nach draußen. Jetzt musste Minka so schnell wie möglich da raus. Sie stürmte aus dem Waschraum, warf einen wehmütigen Blick auf Isa und rannte zum Gang. Ein lauter und durchdringender Alarm ging von irgendwo los.
Verdammter Mist!, verzweifelte Minka und verfluchte insgeheim ihre Flügel.
Aus dem Fenster springen wollte sie nicht, also rannte sie den Gang entlang zurück zu den Treppen, blieb jedoch wie erstarrt davor stehen, als sie eine ganze Horde die Treppen hinaufstürmen hörte. Ohne weiter zu überlegen sprintete sie in die andere Richtung und als sie am Raum von Isa vorbeikam, sah sie den Soldaten von vorhin darin stehen, der sie sofort bemerkte und seine Pistole zog. Minka wollte weiterrennen, sah dann aber mit Entsetzen, wie von vorn ebenso Soldaten mit ihren Waffen herangestürmt kamen. Sie saß in der Falle. Die Truppen hielten vor und hinter ihr an, jederzeit bereit das Feuer zu eröffnen, was sie aber nicht taten und Minka erkannte recht schnell warum.
Sie würden sich gegenseitig treffen!
Ihr einziges Hindernis war der Mann im Raum. Sie wollte gezielt auf ihn gehen, doch bevor sie ihn überhaupt erreichen konnte, stürzten die anderen zu ihr und hielten sie an Flügeln und Armen fest. Jetzt kam der Mann mit seiner Waffe bedrohlich näher und so sehr Minka sich auch wehrte, die Soldaten hatten sie fest im Griff. Er zielte auf sie, ihr Herz schien auszusetzen.
"Stop", befahl eine gebieterische Stimme.

 

 

Unterdessen, draußen bei Isas Haus, wachte der Architekt langsam auf.
"Uff... Aua... Was war denn... ?", fragte er sich und seine Erinnerung holte ihn ein. Er setzte sich auf. "Diese Floranerin! Wenn ich die erwische!", rief er wütend.
Die Alarmsirene drang zu ihm durch.
"Na super", sagte er genervt und machte sich kopfreibend auf den Weg.
Zwischen den Stämmen der Dschungelbäume saß, unsichtbar durch die schwarze Nacht, der graue Wolf und schaute ihm mit böse blitzenden Augen hinterher.

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Kapitel 5: ...bringt die Offenbarung

 

"Isa!", hauchte Minka, die immer noch festgehalten wurde.
"A-Admiralin! Sie sind wach!!?", stotterte der Soldat, der Minka erschießen wollte.
Statt ihrer blauen Uniform trug sie lockere weiße Kleidung, die wohl für kranke und verletzte Menschen üblich war.
"Her damit", sagte Isa streng, entzog ihm die Pistole und sicherte sie. "Freigeben", befahl sie dann mit einem Blick auf die anderen.
 Augenblicklich ließen die Soldaten Minka los und stellten sich kerzengerade hin. Hatten sie Angst vor ihr?
"Und mach doch mal jemand den Alarm aus!" Sie fasste sich gequält an die Stirn.
Einer der Soldaten rannte davon und kurz darauf verstummte die Sirene.
"So. Und nun verratet mir doch bitte, wer 'Codename Vogelfrei' angeordnet hat."
Ihre Stimme war ruhig und leicht unheimlich.
"Da-Das war Crowfield, Ma'am", meldete einer.
"Mhm." Isa schnippte mit den Fingern und zeigte auf den Gang, woraufhin sich der Mann im Raum sofort zu seinen Kollegen gesellte. Plötzlich packte sie Minka am Shirt, zog sie unsanft zu sich in den Raum und knallte die Tür zu. Minka traute sich nicht etwas zu sagen, vor allem als sie bemerkte, wie anstrengend Laufen für Isa war, obwohl sie es zu verbergen versuchte. Schuldbewusst schaute sie zu Boden und wartete, bis sich Isa gesetzt hatte.
"Danke...", fing Minka unsicher an.
"Ich hasse dich", kam die prompte Antwort.
Die Aussage traf Minka wie ein Schlag.
"Das alles tut mir so leid", stammelte sie.
"Ich hoffe, du hast eine angemessene Erklärung für deine Sinneswandel, sonst überleg ich mir, ob ich die nicht doch nutze", drohte Isa, während sie die Pistole vorführend hin- und herwandte. Obwohl ihre Stimme so gelassen wie immer war, spürte Minka, dass sie es ernst meinte. Also fing sie an die ganze Szene noch einmal genau zu beschreiben. Doch mit jedem Satz wurde ihre Stimme immer leiser und abgehakter. Da unterbrach ein lautes Wortgefecht vor der Tür ihre Erklärung.
"Du kannst da jetzt nicht rein!"
"Lasst mich gefälligst durch!", widersprach eine bekannte Stimme und schon öffnete sich die Tür und der Architekt trat ein.
"Isa! Du bist wach!", rief er überrascht, schloss schnell die Tür und ging näher zu ihr. "Wie geht es dir?"
"Ich hab das Licht gesehen", antwortete sie mit leicht spaßigem Unterton.
"Darüber macht man keine Witze..." Er schaute kurz zur Tür und senkte die Stimme. "Hier wäre das Chaos ausgebrochen, wenn du gestorben wärst."
"Chaos...?", fragte Minka leise eher zu sich selbst, wurde aber vom Architekten bemerkt.
"Ach und du!", fuhr er sie wieder an und kam ihr gefährlich nahe. "Wir beide haben noch eine Rechnung offen! Du hast--"
"Luka", unterbrach Isa ihn und legte die Pistole auf den kleinen Schrank neben sich.
"Uh... jawohl?"
"Lass sie in Ruhe, wir haben größere Probleme."
"So?"
Sie sah ihn mit einem Blick an, der ihn zusammenzucken ließ. "Es sind bereits zwei von ihnen auf dem Planeten."
"Kann nicht sein! Wenn dem so wäre, hätten sie doch längst angegriffen."
"Die haben es nicht auf uns abgesehen. Sondern auf sie", erklärte Isa und schaute Minka an, die keine Ahnung hatte, worum es überhaupt ging und auch dementsprechend dreinschaute. Der Architekt guckte fragwürdig in die Runde, sagte aber nichts.
"Minka. Pass gut auf. Wir haben es hier mit einer höheren Gewalt zu tun. Die Stimme, die du gehört hattest und der metallene Wolf stecken unter einer Decke. Wir nennen sie "Tiergeister". Keine Ahnung, was sie genau sind, woher sie kommen oder was ihre Absichten sind, aber eines steht fest: Sie sind nicht freundlich gesinnt."
"Die Kolonie war mal größer...", murmelte Luka, der geistesabwesend aus dem Fenster in die Dunkelheit starrte.
Isa nickte. "Unser lieber Luka hier entkam ihnen nur knapp, musste aber das ganze Massaker mitansehen."
"Kann man sie denn nicht irgendwie bekämpfen?"
"Keine Chance. Jegliche Schüsse und Klingen gehen entweder durch sie durch oder prallen ab. So wie du es von dem Wolf kennst."
"Falls du überhaupt zum Angriff kommst. Deren Attacken sind zielgenau und tödlich. Du wirst von Blitzen getroffen... oder von Eissplittern durchbohrt..."

Die schrecklichen Szenen spielten sich erneut vor seinem geistigen Auge ab.
"Luka", versuchte Isa ihn zu stoppen.
"Oder es... zerreißt dich einfach..."
"Luka!" Sie stand auf, legte beide Hände auf seine Schultern und rüttelte ihn energisch. "Zurück zur Gegenwart bitte!"
"...entschuldige", flüsterte er und nahm zaghaft ihre Hände runter. "Du solltest dich nicht so viel bewegen."
"Und du solltest nicht so viel an diesen Tag denken", konterte Isa. Eine schweigende Stille entstand.
Tiergeister... mit so starken Kräften... und sie haben es auf mich abgesehen. Aber warum gerade ich?, fragte sich Minka und überflog alles, was sie bisher erlebt und wen sie getroffen hatte. In keinsterweise hatte sie sich mit irgendwelchen Tieren angelegt, höchstens mit Scharfzahn, der aber von Grund auf ein blutrünstiges Monster gewesen war. Und sie konnte sich auch nur schwer vorstellen, dass es etwas mit ihrem Silberflügel-Dasein zu tun haben könnte.
Ein plötzliches Fingerschnipsen riss sie aus ihren Gedanken.
"Geht doch. Dachte schon, du wärst mit offenen Augen eingeschlafen", äußerte sich Isa, die direkt vor Minka stand.
"Ich werde mir etwas einfallen lassen, wie wir die Plage loswerden. Luka? Bring Minka bitte in ihr Dorf zurück", gab sie ihm die Anweisung und schritt langsam zur Tür, um die beiden rauszulassen. Doch bevor sie diese öffnen konnte, musste Minka noch etwas in Erfahrung bringen.
"Isa...?"
Isa drehte sich zu ihr um und begegnete ihrem mitleidig fragenden Blick, dem sie eine Weile standhielt, bis sie schließlich antwortete: "Es war ein Versehen, die Viecher haben dich reingelegt. Wenn ich jemanden hasse, dann die und nicht dich."
Ihr verzeihendes Lächeln ließ einen riesigen Stein von Minkas Herz fallen. Als die Tür geöffnet wurde, fielen die Soldaten davor wie Dominosteine in den Raum. Sie mussten die ganze Zeit an der Tür gehangen und gelauscht haben. In einem kurzen kleinen Wirrwarr sortierten sie sich, stellten sich gerade hin und salutierten. Isa verschränkte die Arme und Minka musste ein Lachen unterdrücken als sie sah, wie peinlich den Soldaten ihre Situation war. Luka gab Minka mit einer Handgeste zu verstehen ihm zu folgen und verließ den Raum, ohne die anderen auch nur eines Blickes zu würdigen. Glücklich lächelnd und wie die braveste Floranerin des Universums ging Minka hinterher.
"'Codename Vogelfrei' wird mit sofortiger Wirkung widerrufen", verkündete Isa und schloss die Tür.
"Ihr habt sie gehört, zurück auf eure Posten", sagte Luka trocken zu den anderen, die keine Anstalten machten, sich zu bewegen.
"Du hast uns gar nichts zu sagen", brummelte einer von ihnen machte sich mit den anderen gemütlich davon.
Minka hörte, wie sich auch Luka entfernte und schloss sich ihm schnell an.

Von den Soldaten wollte sie in nächster Zeit erstmal nichts mehr wissen.

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Kapitel 6: Das Rätsel um den Wolf

 

Draußen war immer noch Nacht, Luka aber lief selbstsicher zum Dschungel. Er achtet nicht darauf, ob Minka ihm folgte. Seit der Aufklärung mit den Tiergeistern war er wie ausgewechselt.
"Alles in Ordnung?", fragte Minka, nachdem sie ihn eingeholt hatte.
"Bestens", meinte er kühl.
"Hm... Sag mal", fuhr sie vorsichtig fort. "Welche Stellung hat Isa hier?"
"Sie hat das Sagen. Und mit ihrem Sturkopf kann sie sich auch perfekt durchsetzen."
"Sturkopf?"
"Hast du es nicht bemerkt? Egal wie stark ihre Schmerzen sind, sie würde es nie zugeben, auch wenn du sie längst durchschaut hättest."
Etwas an seiner Fürsorge war komisch. Es war nicht wie eine typische Fürsorge zwischen zwei besten Freunden, da war mehr.
"Kann es sein... dass du in sie verliebt bist?"
"Was?!" Luka blieb empört stehen, wurde aber deutlich rot im Gesicht.
"Du bist verliebt!", stellte Minka schelmisch grinsend fest.
"Halt dich da raus, okay?!", rief er aufgebracht und stakste angespannt weiter in die dunklen Wälder. Minka sah ihm nach.
Haha, wie niedlich.
Doch das wohlige Gefühl in ihr schlug schlagartig um. Ihr Silberflügelsinn meldete sich und ließ ihr Herz rasen. Irgendetwas Gefährliches lauerte im Dschungel.
"Warte!", rief Minka ihm zu und holte ihn schnell ein, Luka jedoch lief verärgert weiter.
"Nichts da! Ich bring dich nach Hause und dann..."
Er brach ab als Minka ihn an der Kleidung zurückzog. Der graue Wolf flog nur eine Haaresbreite zuschnappend an Luka vorbei. Ganz langsam nahm Minka den Arm hoch und holte ihren Speer aus dem Inventar, den Blick dauerhaft auf ihren Feind gerichtet, der sie seltsamerweise nicht angriff.
"Geh und hol Verstärkung", befahl sie Luka.
Als er weder losrannte noch antwortete, warf sie einen Seitenblick auf ihn. Er zitterte am ganzen Körper, vor allem seine Hände, die griffbereit an seinen Revolvern am Gürtel lagen und sein entsetzter Blick sprach Bände. Schwere schnelle Schritte verkündeten, dass der Wolf zum Angriff überging. Allerdings nicht auf Minka. Zielgenau steuerte er Luka an, wohlwissend, dass er vor Angst wie gelähmt war. Er setzte zum Sprung an und genau in dem Moment, wo Minka ihren Speer zur Abwehr vor Luka schwang, geschah das Unglaubliche: Die Speerspitze erzeugte Feuer und hinterließ beim Schwung eine Flammenlinie in der Luft. Das gierige Maul des Wolfes bekam die Flammen zu spüren, bevor er nur noch mit einer schwachen Kopfnuss gegen Luka prallte und ihn etwas nach hinten warf. Der Wolf krümmte sich und schüttelte wild den Kopf, wobei er laut knurrte.
"Bist du okay?!", fragte Minka Luka atemlos. Ein stummes Nicken war die Antwort.
"Das wirst du mir büßen", drohte auf einmal eine tiefe Stimme.
Für eine Sekunde realisierte Minka nicht, von wo sie kam, bis ihr klar wurde, dass das nur der Wolf gewesen sein konnte und als sie zu ihm sah, hatte sich sein Aussehen verändert. Sein Fell war nicht mehr glänzend metallisch, sondern mehr natürlich und struppiger und seine tiefschwarzen, floranerähnlichen Augen waren plötzlich grau mit richtigen Pupillen, die Minka rachsüchtig ansahen. Die Flammenlinie erlosch.
"Wo ist er hin?!", fragte Luka und sah sich panisch um.
Minka war verwirrt. "Er steht doch genau... hey!!"
Als sie zum Wolf deuten wollte, war dieser gerade dabei die Flucht zu ergreifen.
"Bleib stehen du Monster!!", rief sie wütend und rannte ihm hinterher.
"Wo willst du hin?!", hallte Lukas verwirrter Ausruf ihr nach.
Minka ignorierte ihn. Diesmal würde sie den Wolf nicht entkommen lassen. Dieser Terror musste beendet werden!


Sie war ihm dicht auf den Fersen. Mal war er schneller, mal sie, es war eine Hetzjagd durch den nächtlichen Dschungel.
Irgendwann wirst du müde, dachte sich Minka, die ihre Ausdauer gut einzuteilen wusste.
Das Terrain änderte sich. Die beiden waren tatsächlich bis zum Sumpf gekommen und nun wurde der Wolf auch deutlich langsamer. Ob nun wegen Erschöpfung oder dem matschigen Boden war schwer zu sagen. Er merkte, dass Minka näher kam und wirbelte beim Rennen mit den Hinterläufen Matsch auf, der sie abbremsen sollte. Minka allerdings ließ sich kaum beirren und war schon so gut wie an ihm dran, da schlug er plötzlich einen Haken nach rechts. Weil sie so ein hohes Tempo draufhatte, konnte sie nur schwer abbremsen und rutschte noch einige Meter weiter. Mit noch schnellerem Tempo sauste sie wieder los, doch da bemerkte sie etwas. Der Wolf hatte nicht ohne Grund abgedreht. In der Ferne war ein kleines Licht und jemand rief ihren Namen. Als sie genauer hinschaute, erkannte sie zwei bekannte Gestalten und der Wolf steuerte direkt auf sie zu.
"Lili, fang ihn ab!", rief sie Lilietta zu.
"Minka! Da bist du!", rief diese erstaunt zurück, bevor sie verwirrt fragte: "Äh... wen soll ich abfangen?!"
Zu spät. Der Wolf hatte sich in Liliettas linkem Arm verbissen, der stark zu bluten anfing.
"Was ist dasss?!", fragte Raziza mit großen Augen als er das Blut rinnen sah und ließ beinahe die kleine Laterne fallen, die er trug. Lilietta jedoch spürte anscheinend keinen Schmerz und schaute ebenso fragwürdig auf ihren Arm.
Warum sieht den keiner?!, wunderte sich Minka und holte mit ihrem Speer zum Angriff aus, als sie nah genug an Lilietta dran war. Der Wolf ließ noch rechtzeitig von dem Arm ab, sodass Minkas Speer nur in den sumpfigen Boden traf und flüchtete erneut. Langsam machte er Minka wirklich wütend. Sie zischelte aggressiv und nahm erneut die Verfolgung auf. Gerade hatte der Wolf über eine riesige umgestürzte Sumpfweide gesetzt und als Minka ebenso den Stamm erklommen hatte, musste sie enttäuscht feststellen, dass das Tier nirgends mehr zu sehen war. Vor Wut schlug sie ihren Speer in den toten Baum.
Das kann doch nicht wahr sein!, fluchte sie im Stillen.
"Heee! Warteee!", rief Raziza hinter ihr.
Minka drehte sich um und sah ihn angerannt kommen, Lilietta folgte etwas langsamer.
"Wieso habt ihr ihn nicht aufgehalten?"
"Wen? Niemand dagewesssen..."
"Es war der Wolf oder?", fragte Lilietta ernst, während sie sich den Arm hielt und die Bisswunden untersuchte. Dann sah sie hoch zu Minka.
"Pass auf!", warnte sie.
Im ersten Moment dachte Minka, der Wolf würde wieder angreifen, sah dann aber, dass der Baum direkt neben ihr Feuer gefangen hatte. In ihrer Wut hatte sie vergessen, dass ihr Speer eine permanent glühende Spitze besaß. Schnell zog sie ihn heraus, sprang herunter und nahm mit den anderen beiden etwas Abstand.
"Tut das nicht weh?", fragte sie und sah zu Liliettas Arm.
"Ist nicht so schlimm, wie es aussieht", versuchte sich diese herauszureden.
"Hier, komm her."

Nicht überzeugt holte Minka einen kleinen Glasbehälter mit leuchtendem Wasser aus ihrem Inventar und fing an, es vorsichtig über die Wunden zu gießen.
"Uh, Heilewassser! Ich kennen dasss!", staunte Raziza mit glänzenden Augen.
Minka jedoch fand es merkwürdig, dass Lilietta nicht einmal zuckte, als das Wasser ihre Wunden traf. Sie würde sie definitiv später darauf ansprechen.
"Was habt ihr hier eigentlich gemacht?", fragte sie, nachdem die Blutung gestoppt war, sie den Behälter wieder eingepackt hatte und nun einen Verband anbrachte.
"Dich gesucht."
"Hmh! Alle Floraner gemerkt hatten wie besssorgt und unruhig du gewesssen! Und als du dann plötzlich weg, alle dich gesssucht!"
"Achso. Und... ihr habt das Metallmonster echt nicht gesehen?"
Sowohl Raziza als auch Lilietta schüttelten den Kopf.
"Hätte ich den Beweis an meinem Arm nicht, hätte ich gesagt, dass du Geistern hinterherjagst."
"Das ist mehr als kurios. Ich hab ihn doch eindeutig gesehen!"
"Vielleicht... hat er eine besondere Fähigkeit?", rätselte Lilietta.
"Wollen nicht insss Dorf und mit Greenfinger sprechen? Wäre bessser", schlug Raziza vor.
Alle waren damit einverstanden und machten sich auf den Weg, wobei Minka noch einen Blick auf den brennenden toten Baum warf.

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Kapitel 7: Wer sind die Tiergeister?

 

"Das würde jedenfalls erklären, warum wir ihn nie gefunden haben", endete Lilietta ihre Ausführungen.
"Hm. Tiergeister also. Und sie haben es auf dich abgesehen", grübelte Chinzah mit nachdenklichem Blick auf Minka. "Was hast du getan, um sie so zu erzürnen?"
"Woher soll ich das wissen?! Ich kann mich nicht erinnern, je mit denen Kontakt gehabt zu haben!", rief Minka empört, weil sie Chinzahs Frage als Anschuldigung sah.
"Ganz ruhig. Es hätte doch sein können, dass du auf deinen Reisen Ähnlichem begegnet bist."
"Nein", antwortete Minka trotzig.
"Was wir tun jetzt? Beute sssein gefährlich!", sorgte sich Raziza.
"Vor allem da es schon zwei sind", überlegte Chinzah und wechselte einen mysteriösen und gleichzeitig vielsagenden Blick mit Lilietta.

Minka bemerkte das und konnte sich nicht mehr zurückhalten.
"Okay, Schluss damit. Was wisst ihr beide, was ich nicht weiß?"
Durch ein Nicken gab der Greenfinger Lilietta das Wort.
"Es ist so", begann sie zögerlich. "Ich bin dem metallenen Wolf schonmal begegnet, damals, auf einem anderen Planeten. Und nicht nur ihm", fuhr sie schnell fort als Minka schon erstaunt etwas sagen wollte. "Sondern auch mal einer Wölfin, die eine Gruppe Avianer bedrohte. Sie hat mit mir geredet und mich gewarnt..."
"Wovor?", fragte Minka, scheinbar gefesselt von der Erzählung.
"Dass wir uns nicht in ihre Angelegenheiten einmischen sollen und dass wir nicht auf deren Liste stehen..."
"Na anscheinend ja doch", zweifelte Minka.
Der Greenfinger schaute so, als wollte er etwas sagen. Stattdessen atmete er tief ein und aus.
"Uns wird schon etwas einfallen, wie wir das Problem lösen. Notfalls opfern wir Minka einfach, dann lassen sie uns sicher in Ruhe."
"Wie bitte?!", rief diese entsetzt und sprang von der Couch auf. Auch Raziza und Lilietta sahen Chinzah schockiert an.
"War nur ein Scherz", versicherte er zwinkernd und stand auf. "Ich werde recherchieren gehen. Mit Glück kann ich mehr über die Tiergeister in Erfahrung bringen."
So verließen die drei den Raum des Greenfingers und begaben sich nach draußen.
"Puh... ich gedacht Greenfinger meinen Opferung ernssst!"
"Er weiß echt, wie man eine Situation bestens entdramatisiert", scherzte Minka, immer noch leicht entsetzt.
"Hey Raziza, ich geh mit Minka jagen. Wir sehen uns später, ja?", sagte Lilietta plötzlich.
"Okee, bisss nachher!", verabschiedete sich Raziza und ging fröhlich davon.
"Ich muss dir noch was erzählen", gestand Lilietta, als er außer Reichweite war. "Komm mit, bitte."

 

 

Auf einem kleinen gemütlichen Spaziergang erklärte Lilietta, warum sie keinerlei Schmerzen in ihrem Arm gespürt hatte. Sie erzählte von ihrem damaligen Greenfinger, mit dem sie einen Ausflug unternommen hatte, wo dann durch den Angriff eines Monsters und die Nachhilfe des grauen Wolfes ihr linker Arm taub wurde.
"Verstehe... Das ist echt mies", sagte Minka mitfühlend und ihr Blick schweifte in die Ferne.
"Kaum zu fassen, dass es eine so starke und bösartige Macht gibt."
"Ich will vor allem verstehen, warum sie das tun. Was es damit auf sich hat."
"Stimmt schon. Aber er hat Sommerwind auf dem Gewissen und das ist unverzeihlich."
Den Rückweg über schwiegen die beiden. Jeder schien in seiner eigenen Gedankenwelt versunken zu sein. Die halbe Nacht lag Minka noch wach und überlegte, wie sie nun am besten vorgehen könnte. Wie weit würden diese Kreaturen gehen? Würden es vielleicht sogar immer mehr werden, bis sie genug waren, um ein ganzes Dorf ohne Mühen auszulöschen?

 

 

Am nächsten Tag ging Minka direkt zum Greenfinger und fragte, ob er schon etwas herausgefunden hätte. Er verneinte, woraufhin sie darauf bestand, mitsuchen zu dürfen. So verbrachten beide etliche Stunden in seiner Bibliothek.
Die Sonne ging bereits unter als Minka eine Runde Frischluft brauchte. Sie setzte sich auf ihren Lieblingsplatz, dem strohigen Vorsprung weit oben in der Baumkrone, und sah dem Sonnenuntergang zu. Zusammen mit den Riesenvögeln, die sich durch die Lüfte schwangen, verlieh die Atmosphäre ihr ein hoffnungsvolles Gefühl. Sogar eine Sternschnuppe ließ sich blicken. Minka seufzte und musste an ihren besten Freund aus ihrer zerstörten Heimat denken. In Zeiten wie diesen hätte sie seine einfallsreichen und gut durchdachten Ideen gebraucht.
Nach einer Weile des Nachdenkens fasste sie einen Entschluss: Sie musste erneut auf Reisen gehen und mehr über die Beweggründe dieser Tiergeister herausfinden. Luka, der Architekt, hatte von Blitzen und Eissplittern gesprochen und weder der metallene Wolf noch die "Meisterin der Illusionen" nutzte genannte Kräfte, demnach musste es noch mehr von ihnen geben.
Und ich werde sie finden. Auch wenn ich damit ein großes Risiko eingehe...
Noch am gleichen Abend erzählte sie dem Greenfinger von ihrem Vorhaben und da sie sich schon im frühen Morgen davonschleichen wollte, verabschiedete er sich mit "Viel Glück und sei vorsichtig".

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Kapitel 8: Eine neue gefiederte Begleitung

 

Die ersten Sonnenstrahlen schienen durch das Holzgeflecht der Fenster und blendeten Minka, die auf ihrem Bett saß und ihr Inventar überprüfte.
... gut. Alles beisammen.
Sie stand auf, streckte sich und ging langsam zur Treppe. Ein letzter Blick auf Lilietta, die noch friedlich schlief.
Tut mir leid, falls ich nicht zurückkomme..., entschuldigte sich Minka im Voraus und verließ so leise wie möglich das Haus. Draußen bekam sie den Schreck ihres Lebens, als sie plötzlich von hinten angesprochen wurde.
"Äh... Verzeihung?"
Eine recht junge Avianerin mit hellgelbem Gefieder stand hinter ihr. Auf dem Rücken trug sie einen riesigen Wanderrucksack.
"Was zum... du hast mich fast zu Tode erschreckt! Was willst du?", wollte Minka wissen.
"Oh das tut mir sehr leid, aber ich wollte unbedingt wissen, ob die Gerüchte stimmen, dass hier ein Silberflügel lebt und... wahrhaftig! Ihr seid ein Silberflügel! Besitzt Ihr auch den sagenumwobenen Spezialsinn?", fragte die Avianerin mit glänzenden Augen.
"Ja... ja das tue ich." Die Situation war Minka etwas peinlich und sie hoffte, dass kein anderer Floraner das sah.
"Wow... Wisst Ihr es ist unüblich, dass jemand von Eurer Spezies zum Silber- oder Flammenflügel wird."
"Willst du nun noch meine unglaublichen Flügel berühren, wenn du schon extra hier bist?", fragte Minka leicht genervt, weil die Avianerin sich wohl länger unterhalten wollte.
"Oh nein, keineswegs! Das ist eine heilige Gabe des Kluex und nichts für Niedere wie mich!", lehnte sie ab.
"Gut. Sonst noch was?"
"Nun, eigentlich..."
"Jaaaa? Nur zu, ich fress dich schon nicht", ermutigte Minka.
"Also... ich hätte da eine große Bitte...", zögerte die Avianerin.
"Ich hörte, dass Ihr ein Raumschiff besitzt und auf Reisen geht und da wollte ich fragen... ob ich... eventuell mitkommen könnte?"
"Wie gut kannst du kämpfen?", fragte Minka sofort und verschränkte die Arme.
"Ich weiß mit einem Speer umzugehen!"
"Aha und wie kommt das?"
"I-Ich... war einmal Mitglied einer Garde..."
"Eine Garde auf diesem Planeten?" Minka sah sie aus schmalen Augen an.
"N-Nein, auf einem bewaldeten... Aber die gibt es nicht mehr, seit ein Geschöpf des Kluex uns angriff!"
Sommerwind... "Dann warst du das damals! Ich wusste doch, dass mir diese Stimme und Federfarben bekannt vorkommen! Nur wegen dir hab ich jetzt diese blöden Flügel, weil du mich hast auffliegen lassen!", rief Minka verärgert, wobei sie versuchte, nicht zu laut zu werden.
Die Avianerin war sichtlich zurückgeschreckt.
"Aber...! Denkt doch an die Vorteile durch diese Gabe!"
"Minka? Alles gut sssein?", fragte Ako, der plötzlich um die Ecke kam.
"Ja, alles gut Ako. Geh wieder."
Beim Gehen warf Ako der Avianerin einen warnenden Blick zu.
"Also... darf ich nun mitkommen?", versuchte sie es vorsichtig erneut, wurde aber direkt von Minka angemurrt.
"Vergiss es."
Wütend wandte sich Minka ab und wollte sich aufs Schiff teleportieren, musste aber gleichzeitig an Chinzahs Motto denken.

Widerwillig warf sie einen Seitenblick auf die Avianerin, die mit runden glänzenden Augen tieftraurig zu Boden schaute.

Genervt rollte Minka mit den Augen und seufzte.
"Gut, einverstanden. Fürs Erste darfst du mitkommen."
"Wirklich?! Juhuuu!", jubelte die Gefiederte und tat einen Freudensprung.
"Unter einer Bedingung. Ich heiße Minka und du wirst mich duzen, verstanden?"
"Oh aber... das ist doch Eurer gar nicht angemessen...", begann die Avianerin, gab aber sofort durch Minkas bösen Blick nach.
"Ich werde es versuchen. Mein Name ist übrigens Tatzaru", stellte sie sich erfreut vor.
"Also dann, Tat... Tatta... ach, ich werde dich einfach Tatzu nennen", legte Minka fest. "Also dann Tatzu. Bereit?"
"Und wie!"
Ohne weitere Umschweife teleportierte Minka sich und Tatzaru aufs Schiff und begab sich ans Steuer.

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Kapitel 9: Von Wölfen und Eiseskälte

 

Kurze Zeit später ... auf einem Berg nahe der Avianersiedlung ...

 

Zwei Augen verfolgten ein verliebtes Avianerpaar, das turtelnd durch die Siedlung zog. Eine Zunge schleckte sich über die Schnauze, an der das graue Fell weggebrannt kurz war. Leise Schritte kamen näher.
"Der große mächtige Eisenzahn. Besiegt von einem Silberflügel."
Eine lichtgelbfarbene Wölfin gesellte sich gemächlich zum grauen Wolf und grinste ihn frech an. Ihre Augen waren geschlossen, als würde sie schlafen und doch wusste sie genau, wo sie ihre Pfoten hinzusetzen hatte. Ein verächtliches Schnauben kam vom Wolf, der wohl Eisenzahn hieß.
"Sei still", sagte er mürrisch zu ihr ohne den Blick von den Avianern abzuwenden.
"Es war sehr dumm von dir, dich in deiner Kernform vor ihr zu verstecken. Hätte sie dich gefunden--"
"Hat sie aber nicht", unterbrach Eisenzahn sie und fletschte wütend die Zähne. "Dein Plan wäre aufgegangen, hätte Sommerglut das Feuer nicht so tölpelhaft gelegt. Es war kontrollierbar und hat niemanden erwischt. Ganz abgesehen davon...", fuhr er fort und schaute sie an. "... dass du dich viel zu früh gefreut hast. Halte dein Triumphgefühl nächstes Mal gefälligst zurück!"
"Hihi. Es wird kein nächstes Mal geben", kicherte die Wölfin, unbeeindruckt von seinen harschen Worten.
"Wie?", fragte der verärgert und verwirrt.
"Wir werden schon bald bekommen, was wir wollen, glaub mir. Sie wird uns buchstäblich in die Pfoten laufen."
Mit diesen mysteriösen Worten drehte die Wölfin um und ließ Eisenzahn unwissend und ihr fragend hinterherschauend auf dem Berg zurück.

 


Wochen mussten vergangen sein, in denen Minka und Tatzaru von Planet zu Planet reisten, die Gegenden auskundschafteten und Tatzaru sogar noch einige Bücher aus einer leerstehenden, halb verfallenen Hylotlvilla mitgehen ließ. Minka hatte ihr zwischendurch von den Tiergeistern erzählt und dass sie hoffte, mehr über diese in Erfahrung zu bringen. Tatzaru schien davon mehr begeistert als verängstigt und es stellte sich heraus, dass Zoologie (aka Tierkunde) ihr Hobby war. Das war auch einer der Gründe wieso sie kein Fleisch essen wollte, sondern lieber an den Früchten der Planeten Vorlieb nahm.
In erster Linie suchten die beiden nach Dörfern oder Städte, wo die Einheimischen eventuell etwas wissen konnten.
Nach einer Ewigkeit des Erkundens auf einem Savannenplaneten fanden sie einen Canyon, auf dessen Grund sich ein mysteriöser Höhleneingang öffnete. Besonders nah heran kamen sie allerdings nicht, weil eine Horde hungriger wilder Floraner, die darin hausten, sie als ihr Mittagessen ansahen. Als Minka sich und Tatzaru in einer schnellen Flucht zurück aufs Schiff teleportiert hatte, äußerte Tatzaru eine Idee.
"Ich finde... wir sollten es einmal bei anderen Planetenarten probieren. Wie wäre es mit Schneeplaneten?"
"Schnee?"
Minka hatte schon von solchen Planeten gehört. Dort herrschte bittere Kälte und sollte man unvorbereitet dort hingehen, würde man innerhalb von Minuten oder gar Sekunden erfroren sein.
"Wir sind doch niemals gut genug ausgerüstet dafür."
"Oh und wie wir das sind! Aufgepasst!", sagte Tatzaru fröhlich und eilte zu ihrem großen Rucksack.
Minka schaute neugierig zu, wie sie einige dicke Kleidungsstücke herausholte.
"Tada!", rief sie schlussendlich und hielt eine dicke gepolsterte Jacke hoch. Lederbraun mit flauschigen weißen Polstern am unteren und oberen Ende und an den Ärmelenden.
"Die ist gefüllt mit superweichen Federn! Und dazuuu... habe ich hier noch die passende Hose. Für eine Floranerin wie Euch ist es wichtig, sich vor der Kälte zu schützen. Ich brauche es nicht wirklich. Mein Gefieder hält mich warm genug plus meine leichte Kleidung."
Nach kurzem Überlegen und die Kleidung prüfend anstarrend willigte Minka ein.
"Gut, wir probieren es. Sollte uns die Kälte aber doch zu schaffen machen, sind wir sofort wieder weg."
Sie ging ans Steuer und suchte einen kalten Stern heraus. Trotz des mulmigen Gefühls freute sich Minka, denn sie würde endlich eine neue Planetenart kennenlernen.

Das Raumschiff verließ gerade den Hyperraum als Minka mit dem Umziehen fertig war.
"Sieh mal! Was ist das?!", hörte sie Tatzarus erstaunten Ausruf.
Die Avianerin stand am Fenster und schaute ehrfürchtig auf den Planeten herab, den das Raumschiff gerade ansteuerte. Minka ging zu ihr und traute ihren Augen kaum, als sie hinausschaute. Auf dem eigentlich durch Schnee und Eis weißen und eisblauen Planeten erstreckte sich ein monströser dunkelblauer Berg über fast die Hälfte des Planeten.
"Ist sowas normal?", fragte Minka, da sie sich mit kalten Sternen nicht auskannte.
"Gewiss nicht!"
"Na dann haben wir direkt was zu erkunden. Ich flieg uns über den Bergkamm."

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Kapitel 10: Ein kleiner Irrtum

 

Beide standen nun auf dem mysteriösen Berg und schauten sich um. Ein leichter eiskalter Wind herrschte hier oben, aber durch die Kleidung, die Minka von Tatzaru bekommen hatte, machte ihr das kaum etwas aus. So weit das Auge sehen konnte war hier nur dunkelblaues, fast schwarzes Gestein. Es erstreckte sich über mehrere hunderte Meter wie eine dunkle Wüste.
Keine Vegetation, keine Felsformatierungen, nichts.
"Uh... ob das ein riesiger Meteorit ist?!", fragte Tatzaru plötzlich. Sie hatte sich hingehockt um das Gestein genauer zu untersuchen.
Minka verschränkte nachdenklich die Arme. "Bei dieser Größe würde es mich dann aber wundern, dass der Planet noch existiert. Außerdem wäre die Form viel zu... perfekt. Meteore sind eigentlich immer unförmig und nicht so glatt."
"Stimmt auffallend..."
Minka sah sich wieder um. In dieser Gegend schien es wirklich nichts Besonders zu geben. Wahrscheinlich müssten sie einen Weg ins Innere dieses Giganten finden. Aber Moment, was war das? Minka hätte schwören können gerade etwas Großes in der Luft aufflimmern gesehen zu haben, als sie aber erneut hinschaute, war dort nichts.
"Heee, Minka!", rief Tatzaru von weit weg.
Minka ignorierte ihre Geistersichtung und ging zu Tatzaru, bei der der Berg sehr weit nach unten abfiel.
Unten am Fuß des Berges begann die weite Schneelandschaft, die merkwürdig flach aussah und ebenso ohne jegliche Vegetation war.
"Schau mal!", sagte Tatzaru und zeigte in die Ferne.
Schon fast am Horizont erst konnte Minka die einzelnen kargen Bäume und Hügellandschaft ausmachen.
"Das sieht aus als hätte hier etwas die ganze Gegend um den Berg plattgewalzt...", grübelte sie.
"Jep und das reicht tatsächlich biiiiis an diesen Berg heran", sagte Tatzaru, wobei sie sich etwas zu weit über den Abhang beugte, um es zu verdeutlichen. Sie verlor das Gleichgewicht, ruderte kurz panisch mit den Armen und griff mit einem kurzen Aufschrei instinktiv nach Halt, was in dem Falle Minka war. Diese versuchte sich und ihre Begleitung zu halten, schaffte es aber nur für einen Moment, dann fielen beide und rutschten regelrecht den kompletten Berg hinunter, bis sie schlussendlich unten im tiefen Schnee versanken.
Minka befreite sich zuerst aus den Schneemassen.
"TATZU!!", rief sie erzürnt.
Tatzaru brach mit Kopf und Armen aus der Schneedecke.
"Das... war doch ganz witzig! Außer dass... unsere Kleidung jetzt wohl etwas ramponiert ist...", schmunzelte sie peinlich berührt.
Minka murrte und versuchte sich weiter aus dem Schnee zu befreien, da pikste sie etwas am Bein. Sie tastete vorsichtig danach und griff etwas wie einen Stock. Verwirrt zog sie ihn aus dem Schnee und war erstaunt: Es war kein Stock, sondern ein Bogen in lila und gold mit silbern leuchtender Sehne.
Ein Bogen? Hier einfach unter dem Schnee? Was könnte...
Ihr Gedanke wurde von einem lauten Schrei von Tatzaru unterbrochen.
"Was ist?!", fragte Minka erschrocken, obwohl sie nichts Gefährliches in der Nähe sah.
Tatzaru zeigte nur verstört auf einen halb im Schnee begrabenen Schädel vor sich, der aussah wie von einem Menschen.
Ein plötzliches starkes Erdbeben setzte ein und mit einem Mal wurde alles pechschwarz.
"Oh Gott, ich bin blind! Ich bin blind!!!", rief Tatzaru.
"Jetzt beruhige dich mal! Ich kann auch nichts mehr sehen..."
Das Erdbeben hörte genauso schnell auf wie es begonnen hatte und die Dunkelheit verzog sich ebenso.
"Siehst du? Alles bestens", meinte Minka. "Wir sind immer noch im Schnee, der Berg ist da und... ähm..."
Als sie zu Tatzaru schaute, stand diese wie erstarrt und zitternd da, Arme und Hände ängstlich an den Oberkörper gepresst und starrte an Minka vorbei den Berg entlang. Mit dem gleichen mulmigen Gefühl, das Minka schon auf dem Hinweg zum Planeten hatte, drehte sie den Kopf in die Richtung und bekam einen Riesenschreck. Ein gigantisches rotes Auge schaute vom dunkelblauen Berg, der wohl doch kein Berg war, mit schwarzer Schlitzpupille den beiden entgegen und Minka sah vor ihrem geistige Auge kurz eine Rückblende von Ruin.
"Können wir bitte SOFORT gehen?", fragte Tatzaru mit gesenkter Stimme.
Wie auf Signal fing das Beben wieder an und der Kopf des Giganten erhob sich langsam in die Höhe. Er schien erwacht zu sein.
"Sofort sofort sofort sofooort!!!"
Das wurde auch Minka zu gefährlich und sie teleportierte sich und Tatzaru aufs Raumschiff.
"Uff... was war das?!", rief Tatzaru immer noch entsetzt und flitzte zum Fenster.
Minka stellte den Bogen vorerst an die Wand. "Wenn ich das wüsste... aber es hat mich an ein anderes schreckliches Monster erinnert", sagte sie mit einem Bild von Ruin im Gedächtnis. "Und das Ding würde den Menschenschädel erklären. Ich wette, das war nicht der einzige dort unten."
Sie grübelte. Seit Ruin besiegt war, hatte sie von keiner ähnlichen neuen Gefahr gehört. Wäre dieser Gigant wohl eine neue Bedrohung für das ganze Universum?
"Minka... Minka! Es kommt!! ES KOMMT!!!"
Tatzarus Rufe rissen Minka aus den Gedanken und sie rannte zum Fenster nur um zu sehen, dass sich der Gigant erhoben hatte und langsam Richtung Raumschiff drehte. Sofort sprintete sie ans Steuer und nahm eine Route durch den Hyperraum zu einem anderen Sternensystem. Dieser Riese könnte mit einem Schlag ihr Raumschiff zermalmen und das wollte sie keinesfalls riskieren.
Tatzaru ließ sich zu Boden sinken und atmete tief aus, als sie in den Hyperraum eintraten.
"Vergiss Schnee... ich mag Grün viel lieber..."
"Ich denke, wir sollten erstmal schlafen und Energie tanken. Was auch immer das war, wird uns so schnell nicht folgen können", meinte Minka mit prüfendem Rundblick nach draußen.
"Klingt nach einer guten Idee", seufzte Tatzaru und kämpfte sich hoch um sich zu den Schiffsbetten zu begeben.
Das Schiff verließ den Hyperraum, Minka stellte auf Autopilot und folgte Tatzaru.

Doch das mulmige Gefühl wollte nicht vergehen.

Ob sie überhaupt Schlaf finden würde?

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